Donnerstag, 18. April 2024

Binde-Strich: Post an den Zwiebel-Fisch

„Lieber Zwiebelfisch, das Gebindestrichel ist schlimmer als Pest und Kohlära!“ Lesen Sie hier eine Auswahl der Leserzuschriften zum „Zwiebelfisch“-Artikel über das Elend mit dem Binde-Strich.

Lieber Zwiebel-Fisch, das Problem mit den Bindestrichen, Zusammen- oder Auseinanderschreibungen ist wirklich ein kompliziertes. Der am Ende Ihres Artikels eingeführte Nachsatz, dass Anglizismen das Problem noch verschärfen, ist durchaus gegeben, aber nicht nur in der von Ihnen angeführten Form. Ich selbst bin in einem Internetforum einmal für die versehentliche Einführung der Zusammenschreibung in die englische Sprache („coverversion“ anstatt „cover version“) ermahnt worden.

Man könnte also argumentieren, dass das Zusammenschreiben in der deutschen Sprache der Völkerverständigung schadet. Ganz konkret und alltäglich für Informatiker (vor allem jene, welche Diplomarbeiten betreuen) ist jedoch das Problem, wie man mit zusammengesetzten Anglizismen umgeht. Wähle ich mich beim Internet-Provider, beim Internet Provider oder beim Internetprovider ein? Ver-wirrt,

Tobias Baier, Hamburg


Interessant finde ich auch die Möglichkeit, Wortzusammensetzungen durch Versalien zu trennen:

WerbeBroschüre, BindeStrich, ZwiebelFisch

In der deutschen Rechtschreibung natürlich keine wirkliche Möglichkeit…

Roger Scheibe


Sehr schöne Kolumne, der Zwiebelfisch. Auch die Ausgabe zur „Koppelitis“. Allerdings sollten Worte, in denen „sch“ vorkommt, ohne „sch“ zu meinen, amtlich dazu verdonnert werden, mit Bindestrich geschrieben zu werden. Das Verkehr-Schaos ist auch rein grammatisch eine überflüssige Bremse, und der Abteilung-Schef mag ja mein Scheffe sein, aber das will er so bestimmt nicht auf seiner Visitenkarte haben.

Schön wäre übrigens mal ein Zwiebelfisch zum Thema falsche Trennungen durch das blinde Vertrauen zu automatischen Korrekturprogrammen. Heutzutage wird dem Leser einfach zu schnell ein Bind-Estrich für ein Divis vorgemacht.

Fred Herrmann, Frankfurt am Main


Word ist schuld! Seit der Reform wird man die hässlichen roten Unterstreichungen in Word ja oft nur los, wenn man die Wörter auseinander schreibt. Da bietet sich wohl zu oft der Bindestrich als Kompromiss zwischen der bösen roten Schlangenlinie und absoluter Unlesbarkeit an.

Stefan Haustein, Dortmund


Aus der Sicht der Ergonomie dürfte ein Optimum bei einer Trennung nach ca. 12 bis 15 Zeichen sein, was bistimmt schon wahrnehmungspsychologisch getestet worden ist (ebenso wie Einfluss Kleinschreibung, Gross-/Kleinschreibung, Grossschreibung auf Lesegeschwindigkeit – diese Tests sind sehr einfach durchzuführen). In dem Sinne ist ,Bindestrichmissbrauch‘ bereits unergonimischer als ,Bindestrich-Missbrauch‘, wobei es wieder die Frage ist, wie groß die Rolle der Zäsur ist: Bindestrich, Leerzeichen oder Großbuchstaben im Wort (à la ManagerInnen).

Die Frage sollte nicht sein, ob 21 Zeichen in Folge unzumutbar sind – natürlich „kann“ es jeder lesen –, sondern ob man nicht mit Trennzeichen einfach schneller lesen kann. Und diese Frage sollte man ganz uneingenommen beantworten und sich Experimenten nicht verschließen.

Alex Friedl


Lieber Zwiebel Fisch, neben grassierender Divisitis ist auch die Unart zu beobachten, Komposita in mehr oder minder sinnvolle Einzelteile (Einzel Teile) aufzulösen. Motor Wäsche; Wasch Maschine; Dressur Sattel; Trend Hand Tasche, besonders gruselig: Monats Check als Bezeichnung für einen Überblick über die aktuelle Telefonrechnung bei einem größeren deutschen Telefonunternehmen. Sollte man den Einfluss der Suchwortlogik (Such Wort Logik) bei Ebay und der automatischen Wortergänzung (Wort Ergänzung) bei aktuelleren Handymodellen (Handy Modellen) dahinter vermuten?

Kerstin Hitzbleck


Die Rubrik „Zwiebelfisch“ ist das beste Stück Internet überhaupt. Meine einzige Chance, die ganzen verpennten Deutschstunden meiner Schulvergangenheit zu kompensieren. Vielen Dank! In diesem Sinne: Weiter so!

P. Eisenschmidt


Wirklich ein schöner und aufschlussreicher Artikel. Ich habe nur den Fall der Wortzusammensetzung eines fremsprachigen Wortes mit einem deutschen Wort vermisst, z.B. Softwareentwickler bzw. Software-Entwickler. Gibt es hierzu Regeln oder Meinungen?

Burghard Heidegger

Zwiebelfisch-Antwort: Der Bindestrich dient zur Hervorhebung des Unbekannten, Unerwarteten, Ungewöhnlichen. Für viele deutschsprachige Menschen sind Wörter wie Internet und online heute nichts Ungewöhnliches mehr, sodass sie in Zusammensetzungen wie Internetfirma und Onlinedienste auf den Bindestrich verzichten. Dies entspricht durchaus dem Prinzip der deutschen Sprache: Wortzusammensetzungen, die sich bewährt haben, werden als ein Wort geschrieben.


Merke: Computer Service ist ein englisches, Computerservice ein deutsches Wort!

Dr. Günther Orth, Berlin


Mich wundert, daß Sie bei einer Kolumne über die Schriftsprachverunstaltung und das störende Auseinanderziehen von Wortzusammensetzungen gleichzeitig die Rechtschreibreform verteidigen, da diese doch, in weiten Teilen vorsätzlich, gerade auch bei Verben zu einer geradezu perversen, unkoordinierten Auseinanderzerrsucht geführt hat und noch immer führt.

Ich finde Texte, die nach einer der Varianten der Rechtschreibreform geschrieben sind, mühsamer zu lesen, weil ich „neue“ Auseinanderschreibungen (oft sogar zweideutige) erst zu ihrer neuen, verbundenen (und eindeutigen) Bedeutung umdenken muß.

Sönke Senff


Das Fatale an der Bindestrichregelung ist, dass sie jedem zu erlauben scheint, Substantivzusammensetzungen „anzusägen“, wo es gerade beliebt. Dieser neue Trend geht eine unheilvolle Allianz mit der seit langem steigenden Tendenz zu Anglizismen ein: Der Bindestrich bildet die Sollbruchstelle, und irgendwann, mit Sicherheit aber dann, wenn ein Anglizismus daherkommt, macht es „Knacks“: Back Shop. Reifen Service. Überhaupt ganz viele Services. Und Center. Auch rein deutsche Zwangstrennungen nehmen zu; das prominenteste Beispiel ist die „Bundes LIGA“. Dass man, um einem amerikanischen Design nachzueifern, einen eklatanten Rechtschreibfehler der ganzen Nation wöchentlich in die Augen reiben darf, ist unglaublich.

Stefan Rosenland


Lieber Zwiebelfisch, ich habe meine Magisterarbeit am Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft der Technischen Universität Darmstadt über den Bindestrich geschrieben. Das Ergebnis – eine Systematisierung mit 15 übersichtlichen Wortlisten, mehr als 900 Beispielen und praktischem Wortregister – ist als Buch erschienen und im Handel erhältlich. Vielleicht magst du diesen Hinweis veröffentlichen?

Dante Bernabei

Zwiebelfisch-Antwort: Sehr gerne. Vielleicht schenkt es mir ja jemand zu Weihnachten! Also, liebe Divis-Freunde, hier gibt es das Buch zum Strich:

„Der Bindestrich – Vorschlag zur Systematisierung“, von Dante Bernabei, Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 2003, 220 Seiten, ISBN 3-631-50439-X, 35,30 Euro


(c) Bastian Sick 2003

Zur Kolumne: Das Elend mit dem Binde-Strich

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