Donnerstag, 18. April 2024

Der Blinddarm liegt auf Zimmer 3

„Willst du zuerst in die Mikrowelle?“ – „Sind Sie die Brotschlange?“ – „Ich bin Holz, mein Kollege ist Farbe!“ Das hört sich nach komplettem Unsinn an, ist aber nichts anderes als unsere Alltagssprache. „Zwiebelfisch“-Leser kommen zur Sache – und zwar im wörtlichen Sinn.

Eigentlich hätten wir es uns ja denken können: Zum Thema „Ich bin das Schnitzel“ hat natürlich jeder etwas zu erzählen. Entsprechend groß war die Resonanz auf den „Zwiebelfisch“-Artikel. Allen Lesern auf diesem Wege ein herzliches Dankeschön! Viele wiesen auf den wahrlich köstlichen Hörfunk-Beitrag „Imbiss-Deutsch für Fortgeschrittene“ hin, in dem der berühmte Satz fällt: „Ich bin das Schaschlik, und er ist die Pommes“. Außerdem dürfen natürlich die Ärzte nicht unerwähnt bleiben, die traditionell den Patienten mit seiner Krankheit oder dem erkrankten Organ gleichsetzen. Lesen Sie im Folgenden eine Auswahl der amüsantesten Zuschriften.

 

Krankenschwester zum Chefarzt: „Die Leber auf Zimmer 19 war heute Nacht sehr unruhig, und mit dem Magen hatten wir gestern Abend eine Diskussion über Besuchszeiten. Die Krampfader wurde auf Zimmer 15 verlegt.“

Manfred Schreiner


Mein Vater wollte einmal am Telefon jemandem mitteilen, dass sein Urlaub und der meiner Mutter sich zwei Wochen überschneiden, und er sagte: „Wir liegen zwei Wochen übereinander.“

Christian Stops, Düsseldorf


Zum Thema „Ich bin die gelbe Markise“: Ich gestehe, dass ich ab und zu in die Mikrowelle gehe. Habe ich einen guten Tag, lasse ich auch mal einem Kollegen mit den Worten: „Willst du zuerst in die Mikrowelle?“ den Vortritt. Geschadet hat es mir bisher wohl noch nicht.

Susanne Sprotte, Leipzig


Ich hab mich über Ihren Artikel wirklich amüsiert. Mir ist dieses Phänomen auch im Zusammenhang mit Handys aufgefallen. Wo auch immer mehrere Leute zusammen sind und irgendwo eines lostüdelt, greift man an die Gesäßtasche, frau in die Handtasche, um zu verkünden: „Also, ich bins nicht.“

Eine Variante, die auch ohne Handgriff (dank der neuen, sehr individuellen Klingeltöne) funktioniert: „Ich bins nicht, das ist nicht mein Sound.“

Marianne Iseli, Schaffhausen (Schweiz)


Ich habe während meiner Studienzeit in der Telefonzentrale eines großen Autohauses gearbeitet. Dort riefen täglich Frauen an, die ihren Mann zur Inspektion anmelden wollten. Meine Entgegnung, ob für so etwas ein praktischer Arzt nicht die bessere Wahl sei, haben die wenigsten verstanden.

Dietmar Werseck, Essen


Im Fischgeschäft habe ich mal gesagt: „Ich hätte gerne eine Scholle, und können Sie mir bitte den Kopf abmachen?“ Die Verkäuferin reagierte prompt mit dem Hinweis, dass sie meinen Kopf gerne dort lassen würde, wo er ist.

Michael Schütz


Nicht ganz dasselbe, aber Ähnliches habe ich während meiner Zeit an der Uniklinik erlebt. Als Strahlentherapeut habe ich in der großen Besprechung diejenigen Patienten vorgestellt, die ich am Tag gesehen hatte. Meine Kollegen sagten dann immer: „Ich hatte heute ein Bronchialkarzinom“ oder „Ich hatte heute ein Mammakarzinom“. Bestürzt rief ich dann aus: „Das ist ja furchtbar! Hast du starke Schmerzen?“

Alexander Tsekos, Schwäbisch Hall


Dass dieses „Objektivierungsproblem“ kein rein deutsches Problem ist, zeigt folgende kleine Ankdote, die meine Partnerin (Flugbegleiterin) immer wieder gerne erzählt: Während eines Interkontinentalflugs antwortete ein indischer Fluggast auf ihre Frage nach dem gewünschten Essen: „I am a vegetarian and my wife is a chicken.“

Klaus Müller, Mannheim


Immer wieder verblüfft mich die personelle Reinkarnation, die man in den Gesprächen mit Baumarktangestellten antrifft. Findet man endlich mal einen Fachangestellten und fragt mutig nach der nichttropfenden Wandfarbe, erhält man nicht selten die Antwort: „Ich bin Holz. Mein Kollege da hinten ist Farbe.“

Verblüfft starre ich den Baum in Menschengestalt an, der Kollege isst Farbe. Das ist doch reichlich ungesund, denke ich, und will gerade Einwand erheben und meine Erste-Hilfe-Kenntnisse anbieten, als es mir dämmert. Wenn er Holz ist, dann ist der Kollege Farbe. Verstanden. Demnach muss auch noch einer Gartenbedarf, ein anderer Sanitärbedarf und ein weiterer Beleuchtung sein.

Michael Schorn, Grevenbroich


Sehr schön ist auch das virtuelle Verirren in Zeiten digitaler Kommunikation. Beliebte Frage am Telefon: „Oh, wo bin ich denn jetzt gelandet?“ Ich erlaube mir dann meist zu antworten: „Ich habe keine Ahnung, wo Sie sind. Ich jedenfalls bin in meinem Büro!“

Marc Reisner


Ich arbeite in der Schadenregulierung eines gelben Logistikers und höre täglich am Telefon die dramatische Aussage: „Ich wurde von Ihnen angefahren!“ Da ich nicht an mehreren Orten gleichzeitig sein kann und auch nicht unter zeitweiliger Amnesie leide, schließe ich immer, dass ein Fahrzeug meines Arbeitgebers beteiligt war. Aufklärung schafft meine Frage, ob es denn nicht eher sein Auto gewesen sei, das beschädigt wurde. In 99 Prozent aller Fälle ist es der Fall. Trotzdem betrachtet der deutsche Fahrzeugbesitzer sein Auto als zweitwichtigsten Körperteil.

Bettina Affeldt, Braunschweig


Ostersamstag im örtlichen EDEKA. Schlangen an jeder Theke, es ist etwas eng. Frage eines Hinzukommenden: „Sind Sie die Brotschlange?“ – „Nein, ich bin die Käseschlange!“

Stefan Schüttoff, Freiburg


Bereits in dem Kurt-Hoffmann-Film „Wir Wunderkinder“ aus dem Jahre 1958 fragt ein Kellner den Gast: „Wer ist hier der Kalbskopf?“ Diese Frage ist umso delikater, als der Gast niemand anderes als Adolf Hitler ist.

Dieter Meischner, Goettingen


(c) Bastian Sick 2006

Zur Kolumne: Ich bin die gelbe Markise

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