Mittwoch, 17. April 2024

Wo die Eieruhr ein Kurzzeitmesser ist

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Illustration: Katharina M. Baumann

In meiner Welt ist eine Glühbirne eine Glühbirne und ein Wasserhahn ein Wasserhahn. Doch wenn ich in einen Drogeriemarkt, ein Kaufhaus oder einen Baumarkt gehe, betrete ich ein Parelleluniversum, in dem die Dinge des alltäglichen Lebens ganz anders heißen. Da wird die Glühbirne zum Leuchtmittel und der Wasserhahn zur Einhebelmischer-Spültischarmatur.

Achtung, Kinder, aufgepasst! Wisst ihr, was ein Kinderschreck ist? Wenn nicht, dann sollt ihr ihn jetzt kennenlernen! Vor ein paar Tagen stand ich bei meiner Mutter in der Küche und leistete ihr Gesellschaft, während sie einen ihrer berühmten Quarkkuchen zauberte. »Reich mir doch bitte mal den Kinderschreck«, bat sie, als sie sich anschickte, den fertigen Teig aus der Schüssel in die Kuchenform zu gießen. Ich wusste natürlich sofort, was sie meinte. Ein Griff in die Schublade, und schon hatte ich ihn, jenen handlichen Küchenhelfer, der seinen Namen aus gutem Grunde trägt. Was gibt es schließlich Köstlicheres für ein Kind, als die Schüssel mit dem Kuchenteig auszuschlecken? Und was könnte eine größere Enttäuschung bereiten als ein Küchengerät aus Holz und Gummi, mit dem die Mutter die Schüssel so gründlich auskratzen kann, dass nur noch klägliche Reste übrig bleiben? »Der sieht aber schon reichlich lädiert aus«, stellte ich fest. Meine Mutter demonstrierte mir, dass er noch immer seine Wirkung tat: In der Schüssel waren allenfalls noch Spurenelemente vom Teig auszumachen. Ich beschloss trotzdem, ihr bei nächster Gelegenheit einen neuen Kinderschreck zu schenken.

Bevor ich ihn auf meine Einkaufsliste setzte, recherchierte ich vorsichtshalber noch mal im Internet, wie er denn wohl im Handel genannt wird. Nicht dass ich später in der Haushaltswarenabteilung wieder Unverständnis erntete; so wie damals, als ich nicht wusste, wie die Mehrzahl von Wischmopp lautet. Also überlegte ich, wie der Kinderschreck wohl »amtlich« heißen mag. Rührschüsselauskratzer? Nein, das klang zu kindlich. Teigschaber? Das konnte es sein. Und unter diesem Stichwort wurde ich auch fündig. »Teigschaber, Teigspatel, Teigverteiler, Griff aus Buche, sofort kaufen für 3,95«, fand ich auf der Seite eines Versandhandels. Auf die Bezeichnung »Teigverteiler« wäre ich als Letztes gekommen. Aber das passiert mir häufig. Da glaubt man, Dinge sein Leben lang zu kennen, und muss feststellen, dass sie in Wahrheit ganz anders heißen.

Aber was heißt »in Wahrheit«? Kinderschreck ist meine Wahrheit. »Teigverteiler« ist die Wahrheit eines anderen, vermutlich eines Angestellten der Industrie, der dafür bezahlt wird, sich für Dinge des alltäglichen Lebens unalltägliche Handelsbezeichnungen auszudenken. Im Laufe der Zeit haben sich Handel und Industrie ein sprachliches Paralleluniversum erschaffen – ähnlich wie der Staat mit seinem Beamtendeutsch oder wie die Mediziner mit ihrem Fachchinesisch. Immer wenn man ein Haushaltswarengeschäft, einen Elektrohandel oder einen Drogeriemarkt betritt, öffnet sich die Pforte zu diesem Paralleluniversum und alle Dinge heißen plötzlich anders.

In der Haushaltsabteilung meines Supermarktes heißt die Eieruhr nicht Eieruhr, sondern »Kurzzeitmesser«. Der Bieröffner ist ein »Kapselheber«, und der praktische Pümpel, den man zur Hand nimmt, wenn ein Abfluss verstopft ist, ist eine »Haushaltssaugglocke«. Wer mit dem Wort Pümpel nichts anzufangen weiß, kennt das Gerät vielleicht unter der Bezeichnung Gummistopfer, Stopfstecken, Plöppel, Hebamme oder Klostampfer. Einige nennen es auch Fluppi.

Die großen Versandhäuser im Internet haben natürlich hinzugelernt. Weil viele Menschen nach den einfachen Dingen des Lebens mit den dazugehörigen einfachen Wörtern suchen, haben die Anbieter ihre Produkte mit zahlreichen umgangssprachlichen Begriffen verknüpft. Auch die Worte »Pümpel«, »Pömpel« und »Gummistampfer« führen inzwischen zielstrebig zu Verkaufsangeboten für Haushaltssaugglocken. Mit dem Wort »Kinderschreck« klappt das noch nicht, was aber vermutlich daran liegt, dass meine Mutter die Einzige ist, die den Teigschaber so nennt. (Einige kennen ihn auch als »Kinderfeind«, »Geizkragen«, »Schwabenlöffel« oder unter der Bezeichnung »Schlesinger«, benannt nach dem Schlesinger-Knochen, dem Schulterblattfortsatz des Kalbes, der in früheren Zeiten als Teigschaber verwendet wurde.)

Ein ähnliches volkstümliches Wort ist der Küchenfreund, eine inzwischen aus der Mode geratene Bezeichnung für den Pfannenwender (der wiederum auch Pfannenmesser, Schlitzwender, Backschaufel, Bratenwender oder Bratschaufel genannt wird.)

Seit meine Mitarbeiterin Katharina Mutter geworden ist, lernt sie ständig neue Wörter aus dem Paralleluniversum kennen. Einmal suchte sie zum Beispiel im Internet nach Angeboten für Schnuller, und was sie fand, war das Wort »Beruhigungssauger«. Wenn mir das nächste Mal im Hotel ein Staubsauger die Ruhe raubt, dann werde ich es mal mit einem Beruhigungssauger probieren!

Eine wahre Wunderwelt unglaublicher Wörter tut sich dem fachlich unbedarften Kunden im Baumarkt auf. Für Männer sollen Baumärkte ja angeblich das Himmelreich sein. Für mich sind sie immer wieder eine Fundgrunde neuer Begriffe. »Doppelschlitzschraubendreher« lese ich dort andächtig, oder »Einhebelmischer-Spültischarmatur«. Das Wort ist so lang, dass es nicht mal in eine Zeile passt. Mir hätte »Wasserhahn« gereicht …

Ich suche nach einem Waschbeckenstöpsel und erfahre, dass es dafür sogar drei Handelsbezeichnungen gibt: Abflussstopfen, Ablaufstopfen oder Exzenterstopfen. Nur »Waschbeckenstöpsel« nicht. Und die gewöhnliche Heftzwecke, auch als Reißzwecke, Reißnagel, Wanze oder Pinne bekannt, heißt in meinem Baumarkt »Reißbrettstift«. Warum Stift?, werden Sie fragen, damit kann man doch nicht schreiben? Nun, ein Stift muss auch nicht unbedingt schreiben können, es ist zunächst einmal ein längliches, dünnes, am Ende zugespitztes Stück Metall oder Holz, das zwecks Befestigung in etwas hineingetrieben wird. Die Industrie kennt jede Menge Stifte und Nägel, aber die gemeine Zwecke kennt sie nicht. Was aber nicht heißen muss, dass die Suche nach Heftzwecken im Baumarkt zwecklos wäre. Der freundliche Herr an der Information kennt das Wort selbstverständlich und ist in der Lage, es für Sie in Baumarktdeutsch zu übersetzen.

An das Wort »Reißbrettstift« werde ich mich ebenso wenig gewöhnen wie an den »Beruhigungssauger«. Und auch an den Unterschied zwischen Lampen und Leuchten nicht. In der Fachsprache ist eine Lampe nicht das Ganze, was da von der Decke baumelt oder in der Ecke steht, sondern nur jener Teil im Inneren, der für die eigentliche Lichterzeugung sorgt. Was in meiner Welt eine Glühbirne oder ein Halogenstrahler ist, ist im Paralleluniversum eine Lampe oder auch ein Leuchtmittel. Und was bei mir eine Lampe ist, ist in jener anderen Welt eine Leuchte. Ginge es nach Handel und Industrie, wäre Aladins Wunderlampe eine Wunderleuchte.

Als ich mich vor Jahren einmal in der Elektroabteilung eines Kaufhauses an einen Verkäufer wandte und erklärte, dass ich eine neue Birne für meine Leselampe brauche, klärte er mich mit den Worten auf: »Sie meinen sicher eine neue Lampe für Ihre Leseleuchte«; und fügte etwas selbstgefällig hinzu: »Birnen bekommen Sie in unserer Lebensmittelabteilung!«

Mag sein, dass die Handelsbezeichnungen genauer sind als die Benennungen des Volksmunds. Strohhalme heißen im Handelsdeutsch Trinkhalme, was dem Produkt zweifellos eher gerecht wird, denn die wenigsten Strohhalme sind heute noch aus Stroh. Und das, was viele unter einem »Gummiband« verstehen, heißt im Handel  »Gummiring«, denn unter »Gummiband« versteht der Handel ein elastisches Nähband. Handelsbezeichnungen können aber auch irreführend sein. Karstadt bietet Wäschetrockner für 39,99 € an. Das hört sich toll an. Doch wer da glaubt, er könne das Schnäppchen seines Lebens zu machen und günstig an einen vollautomatischen Trockner von Miele oder Siemens kommen, der wird enttäuscht, denn der Wäschetrockner entpuppt sich als gewöhnlicher Wäscheständer. Und wenn es irgendwo günstige »Sportjacken« gibt, kann es durchaus sein, dass damit gewöhnliche Unterhemden gemeint sind. In der Textilbranche werden Unterhemden nämlich Jacken genannt.

Es kommt ja auch immer mal wieder etwas Neues auf den Markt, so wie jenes Küchenuntensil, bestehend aus einer Metallkappe an einem langen Stiel, das für die „Entdeckelung“ von Frühstückseiern gedacht ist. Ich hätte es vielleicht „Eierköpfer“ oder „Eieröffner“ genannt. Der Handel nennt es aber anders, nämlich: Eierschalensollbruchstellenverursacher. Das ist komisch, aber kein Witz!

Vor Kurzem war ich in einem Drogeriemarkt, um eine jener kleinen kreisrunden Bürsten aus Plastik zu erwerben, die ich so sehr liebe, weil man sich damit prima die Haare waschen und gleichzeitig die Kopfhaut massieren kann. Ich war auf alle möglichen Handelsbezeichnungen gefasst: von »Plastikrundbürste« über »Kopfmassagebürste« bis hin zu »Haarpflegemittelverteiler«. Umso überraschter war ich, als ich die Regalbeschriftung las: »Haarigel« hieß es dort, schlicht und bildlich zugleich. Na bitte, dachte ich, es geht also auch anders. Willkommen in meiner Welt!


Vokabeltest: Testen Sie Ihr Handelsdeutsch!

Umgangssprache Handelsbezeichnung
Bügelbrett Bügeltisch
Büroklammer Briefklammer
Eieruhr Kurzzeitmesser, Kurzzeitwecker
(Bier-)Flaschenöffner Kapselheber
Föhn/Fön (in der Schreibweise ohne „h“ ein registrierter Markenname) Haartrockner
Glühbirne Leuchtmittel, Lampe
Gummiband Gummiring
Heftzwecke Reißbrettstift
Kalender Jahresplaner
Lampe Leuchte
Mülleimer Abfallsammler, Abfallbehälter
Putzschwamm Topfreiniger, Padschwamm
Schnuller Beruhigungssauger
Schnürsenkel Schuhsenkel
Schraubenzieher Schraubendreher
Strohhalm Trinkhalm
Waschbeckenstöpsel Abflussstopfen, Ablaufstopfen, Exzenterstopfen
Wäscheständer Wäschetrockner
Wasserhahn Ventil, Einhebelmischer

Fallen Ihnen noch weitere Beispiele ein? Schreiben Sie sie mir!


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38 Kommentare

  1. zu Fön/Föhn
    der Föhn ist ein Wind
    der Fön ist ein Haartrockner – und zwar die Produkt-Bezeichnung dieses Geräts der Firma AEG.

    Gruß Charly

    • Zwiebelfisch

      Ein schöner Anlass, all meinen Lesern ein gelbes Buch namens „Duden“ ans Herz zu legen, in dem man unter anderem nachlesen kann, dass der Föhn für die Haare heute genauso geschrieben wird wie der Fallwind.

  2. Claudia Karner

    Was nun? Kinderschreck oder Kinderschleck?

    • Norbert Braumann

      Na ja Schreck, weil eben KEIN Schleck. Aber meine koreanische Frau würde den Unterschied gar nicht melken 😉

  3. Wolfgang Keim

    Ich schmeiß mich weg hahaha
    Handelsbezeichnung „Ich lach mir kapott“

  4. Klaus-Dieter Scheer

    Lieber Herr Sick, ich lese Ihre Newsletter mit Vergnügen.
    Als Österreicher fallen mir natürlich auch noch andere Bezeichnungen für Umgangssprache und Handelsbezeichnung ein:
    z.b. Hektor, umgangssprachlich für die Haushaltssaugglocke.

    Ein Begriff meiner Mutter, die aus dem Rheinland kommt, und den ich gerne verwende, ist der hierzulande unbekannte Küchenfreund, oder handelssprachlich der Pfannenwender, Pfannenmesser, Schlitzwender, Backschaufel, Bratenwender oder Bratschaufel.

    Der Bartwisch wird im Handel zum Handbesen oder Handfeger.

    Die Leuchte: kann es sein, dass die Befehlsform eines Verbs zum Substantiv mutiert?
    Die Leuchte, die Liege, aber interessanterweise nicht die Esse?
    (die gibt es zwar, aber nicht als Esstisch 🙂

    • Norbert Braumann

      Der Küchenfreund ist auch in Norddeutschland (hier in Bremen) bekannt … und zwar durchaus auch in der von Ihnen genannten Bedeutung 😉

    • Nicht zu vergessen: die Tanke! Und die Schreibe gibt’s schon seit John Lennon „In seiner eigenen Schreibe“ schrieb.

  5. Stefanie Wohlburg

    Wie lustig! Ich kenne ebenfalls den Ausdruck „Kinderschreck“ für den Teigschaber! Hatte immer geglaubt, den hätte sich meine Großmutter ausgedacht. Ihre Mutter ist also nicht allein.

  6. Eine Frage hätte ich:
    Wie nennt man das Kunststoffteil, welches die Waren auf dem Kassenband im Supermarkt „trennt“?
    Warenbarriere? Einkaufstrenner? Separator?
    Auf die Antwort bin ich gespannt.

    Liebe Grüsse
    kawodi

  7. Ich erinnere mich, daß ich mit unter 10 Jahren im Laden stand und für meine Mutter „Schnippgummis“ kaufen sollte. Man hielt mir eine Menge elastisches Zeug hin – von Einmachgummis bis zu Gummiband-Meterware für Kleidung, kam aber nicht auf die Idee, mir „Gummiringe“ zu zeigen. Ich musste unverrichteter Dinge wieder gehen.
    Gruß
    Beate

  8. Der Text ist heute etwas zu lang geraten, dafür ist die Liste am Ende sehr gut gelungen! Danke

    • Bastian Sick

      Unter meinen Lesern gibt es Geschichtenleser und Tabellenleser. Ich selbst bin auch eher ein Tabellenleser, weiß aber, dass manches besser hängenbleibt, wenn man es in Geschichten verpackt. Also erzähle ich Geschichten.

    • Mechthild Schneider

      Und man hört Ihnen doch schließlich gerne stundenlang zu!! Keine anderen Geschichten sind derart lehrreich und humorvoll auf einmal.

  9. Dr. Görlich

    Wie heißt denn das Ding, das fast jeder täglich benutzt, wenn er vor der Ladenkasse auf dem Förderband sein Eingekauftes von dem des Hintermannes abgrenzen will?

    • Bastian Sick

      Diese Frage ist ein Klassiker. Ich kann nur empfehlen: Lesen Sie meine Bücher! Die Kolumne über den „Warentrenner“ finden Sie in Band 2 der Reihe „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“, erschienen im Jahre 2005.

  10. Die Monoblockauflagen in einem Werbeprospekt entpuppten sich als ganz gewöhnliche Sitzkissen für einfache Gartenstühle. Diese Stühle wurden in besagtem Prospekt ebenfalls angeboten, allerdings unter der Bezeichnung Monoblock – vermutlich weil sie aus einem einzigen Plastikteil bestehen.

  11. Für mich ist der Spitzenreiter bezüglich des Paralleluniversums die Auto-Industrie, z.B. der Fond eines PKWs als Name für die Rücksitze.

    Gruss,
    Volker

  12. Hallo, Herr Sick, bei uns heißt der Kinderschreck „Gummihund“. Das Wort haben wir aus Österreich importiert, dort ist es aber auch nur wenig verbreitet, denke ich.

  13. Ich hätte noch das schöne „Postwertzeichen“ zu bieten, das – anders als die schnöde Briefmarke – durchaus auch auf Postkarten und Päckchen geklebt werden darf.

  14. Norbert Braumann

    Hmmm … was genau ist denn ein Senkel eigentlich? Kann man den nicht schnüren bzw. mit ihm schnüren? Oder kann man DAS dann nur mit einer Schnur? Oder gehe ich Ihnen mit meiner Fragerei schon auf Ihren(?) Senkel? 😮

  15. Sehr beliebt sind auch die dem Duden fremden Teelichte – auch mein Rechtschreibkorrkturprogramm will stets ein „r“ anhängen, kennt sich aber nicht einmal selbst. Dagegen ist die schon früher so genannte Rundumleuchte der Rettungsdienste längst nicht mehr rund und manchmal nicht einmal überall sichtbar. Und obwohl angeblich eine Leuchte nicht nur ein Leuchtkörper ist, fehlt der ESL (Energiesparleuchte) ihr Körper. Aber dank diverser Zwiebelfischchen kann ich mir dies durch mangelnde Rechtschreibkenntnisse in Deko-Abteilungen und Marketing-Groups leicht erklären.

  16. Jürgen Lindert

    Lieber Herr Sick, obwohl ich Sie und Ihr Schaffen sehr schätze, muss ich diesmal ganz energisch protestieren. Viele der Beispiele sind an den Haaren herbeigezogen oder sogar schlicht falsch. Ein Kurzzeitmesser ist deshalb ein solcher, weil man damit nicht nur die Garzeit von Eiern messen kann. Fön (eigentlch Foen) ist eine eingetragene Wortmarke der Fa. Electrolux Rothenburg GmbH. Haartrockner anderer Hersteller können deshalb kein Fön sein. Flaschen haben sehr unterschiedliche Verschlüsse. Korkenzieher und Kapselheber sind z.B. Untermengen der Flaschenöffner. Weshalb „Flaschenöffner“ höchst ungenau beschreibt, worum es sich handelt. „Jahresplaner“ ist eine Untermenge von „Kalender“, weshalb das kein Widerspruch ist. Ein Trinkhalm ist dann kein „Strohhalm“, wenn er aus Plastik ist, was meist der Fall ist. „Wasserhahn“ beschreibt höchst ungenau, worum es sich handelt. Das Wortungetüm „Einhebelmischer-Spültischarmatur“ existiert in dieser Form eher nicht. Gehen Sie einfach mal in einen Baumarkt und verlangen Sie dort einen „Wasserhahn“. Dann wird man Ihnen bestimmt die Unterschiede erklären.

    Mit freundlichen Grüßen
    Jürgen Lindert

  17. Karlheinz Path

    Der übliche Wasserhahn ist in der Sprache der Ingenieure ein Ventil und arbeitet wie ein Ventil im Motor, wo die Bezeichnung immer richtig angewandt wurde.

  18. Als ich einmal eine Birne in eine Lampe schrauben wollte, klärte ein Bekannter mich auf: „Du möchtest sicher eine Lampe in die Leuchte schrauben. Birnen gibt es nur beim Obsthändler an der Ecke!“

  19. Michael Thiergart

    Baumarktdeutsch ist schön, denn die Möglichkeiten der Wortzusammensetzung werden hier derart ausgereizt, dass manche Produktbezeichnung sich anschickt, die Breite der Werbeprospekte zu sprengen. Ich liebe es, mit dem Heckauswurfrasentraktor den Rasen zu mähen. Das ist viel bequemer als mit dem 1,5-kW-Highwheelbenzinrasenmäher. Der Winterschmutz ist schnell entfernt, denn mein Profihochdruckreiniger hat natürlich ein Variopowerstrahlrohr. Ich genieße es, im Frühling mein Fliegengitterfensteralurahmensystem von dem untersten Megaweitspannschwerlastmetallsteckregalboden zu nehmen und vors Fenster zu montieren, um lästiges Getier draußen zu halten. Bei der Gelegenheit tausche ich auch gleich mit dem Teleskopschraubendreher die schnöde Türklinke gegen eine schicke Langschildgarnitur. Nachdem ich allen Sträuchern im Garten mit dem Akku-Gras- und -Strauchscherenset eine neue Frisur verpasst habe, mache ich es mir auf meiner Esstischloungegruppe bequem, während in der einsetzenden Dämmerung eine Kugelsolaraußenleuchte nach der anderen zu strahlen beginnt.

  20. Dorothee Lehmann-Kopp

    Den Teigschaber kenne ich nur als „Geizhals“ und war erstaunt, diesen Ausdruck nicht zu finden. Sinngemäß ist er ja durchaus mit dem „Kinderschreck“ verwandt. Kann es sein, dass „Geizhals“ aus dem Hessischen stammt? (Meine Mutter wuchs in Kassel auf.)

  21. Michael Fingskes

    Juchhu, da ist dem „Sprachpapst“ aber ein schöner Sprachschnitzer unterlaufen: Egal, wie man die Plastikbürste – den „Haarigel“ – auch nennt, eines kann man damit aber ganz sicher nicht, nämlich sich „prima die Haare waschen“.

  22. Sehr geehrter Herr Sick,
    einige Ihrer Beispiele treffen für mich als Österreicherin nicht wirklich zu (den „Hektor“ hat ja ein anderer Kommentator schon erwähnt):
    Flaschenöffner – Kapselheber: Von Kindheit an verstehe ich unter einem Kapselheber ein ganz spezielles Gerät, z.B. zum Öffnen von Bierflaschen. Ein Flaschenöffner kann sowohl ein Kapselheber, als auch ein Korkenzieher (für die selten gewordenen, verkorkten Weinflaschen) sein …..
    Gummiband – Gummiring: Ein Gummiband ist ein „Abschnitt“ mit einem Anfang und einem Ende. Ein Gummiring (in Österreich auch „Gummiringerl“) ist eindeutig rund/unendlich.
    Schnürsenkel, ebenso wie Schuhsenkel, klingt für meine Ohren auch nach unserem nördlichen Nachbarn – das sind einfach „Schuhbänder“

    LED-Lampen (oder LED-Leuchtmittel) sind nun einmal keine Glühbirnen (oder auch „Glühlampen“). Jede Zeit hat ihre Technik – und die jungen Leute wachsen zumindest in diesem Bereich mit den korrekten Bezeichnungen auf. Das halte ich ja nun wirklich nicht für schädlich.

    Mit herzlichen Grüßen aus Wien

  23. Mir wurde mal erklärt, was ein Hahn ist: Das ist ein Bolzen mit Querbohrung, der in einer Rohrleitung sitzt. Ist die Bohrung quer zum Rohr, ist es verschlossen, ist es längs, ist das Rohr offen. Einen Hahn erkennt man daran, dass er einen Bewegungsradius von genau 90° hat.
    Das Ding am Gaszähler ist z.B. ein Hahn.
    Was in Frischwasser-Armaturen verbaut wird, sind, wie schon unten von jemandem angemerkt, Ventile.

    • Ich verstehe, dass Dinge eine eindeutige technische Bezeichnung benötigen. Für mich ist ein Wasserhahn ein Ding am Waschbecken, aus dem Wasser kommt. Ob das technisch ein Hahn oder ein Ventil ist, ist mir egal. Regionale Unterschiede sind ebenso unüberbrückbar. Bei einem Kapselheber denke ich an die komischen Kaffeeautomaten mit den Döschen. Flaschen öffnen wir in NRW mit einem Flaschenöffner und Weinflaschen mit einem Korkenzieher. Schrauben drehe ich mit einem Schraubenzieher raus oder rein und wenn er 10mal Kreuzschlitzschraubendreher heißt. Eine Nachttischlampe ist eine Lampe und sie leuchtet. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich altmodisch bin. Aber – Schande über mich – ich bleibe dabei.

  24. der hier genannte Kinderschreck heißt bei uns Geizhals, mit der schmalen Version kann man vorzüglich ein Nutellaglas leeren. Nach dem Auskratzen mit dem Messer kann man mit dem Geizhals noch Material für 3 Schnitten rausschaben.

  25. * „Lichtsignalanlage“ als Amtsdeutsch für „Ampel“
    * „Hinweisschild zu Straßeneinbauten“ für „Wasserschild“.

  26. …also.. der „Kinderschreck“ hieß bei uns immer ‚Schlesinger‘, warum auch immer – und es war ein an zwei Seiten abgerundetes Plastikkärtchen, wir hatten eine rote und eine blaue, glaub ich, und später eine von der Firma P.. (Glasuren..), in Cremè mit Werbeaufdruck. Später dann das Gummiteil am Stiel, viel später aus Silikon, auch am Stiele.
    Ich bekomme richtig Lust, einen Kuchen zu backen!

    • Walter Hesekiel

      Den Schlesinger lernte ich bei meinem Schwiegervater, einem Metzgermeister, kennen. Er erzählte, in früheren Zeiten hätte man ein geeignetes Stück Knorpel zum Auskratzen benutzt, bis ein jüdischer Kollege das abgerundete Zelluloid-Stück erfand, das dann seinen Namen trug.
      Den „Schlesinger“ kann man googlen, diese Ursprungslegende leider nicht.

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