Sonntag, 20. Oktober 2024

First Lady: Post an den Zwiebelfisch

„Lieber Zwiebelfisch, das Dilemma mit der Gattin ist halb so schlimm. Echte sprachliche Probleme bekommen wir, wenn ein Präsident einen eingetragenen Lebenspartner hat. Ist das der First Friend?“ Lesen Sie hier eine Auswahl der Leserzuschriften zum „Zwiebelfisch“-Artikel über den Kampf um den Titel der First Lady.

Wenn ich die protokollarische Rangfolge in Deutschland richtig im Kopf habe, ist Herr Schröder der vierte Mann im Staate, nach dem Bundespräsidenten, dem Bundestagspräsidenten und dem Bundesratspräsidenten. Dann könnte ja seine Frau auch die Fourth Lady sein, was hervorragend dazu passen würde, dass Doris die vierte Frau von Gerd ist.

Martin Kilo, Clausthal-Zellerfeld


Ja, das ist schon ein Dilemma, in dem wir Deutschen da wieder einmal stecken. Nicht nur, dass wir – Ihrer unwiderlegbaren Argumentation zufolge – keine eindeutig zu definierende First Lady haben.

Aber nehmen wir mal an, es sei Christina Rau, die Frau unseres Bundespräsidenten. Damit tut sich gleich die nächste Falle auf: Der Rangfolge unseres Staates folgend, dürften wir dann bei der Second Lady einzig über Frau Thierse sprechen. Der Bundestagspräsident steht nämlich rangmäßig auf Platz zwei im Staate Deutschland.

Folglich wäre Doris Schröder-Köpf, die Gattin unseres Bundeskanzlers, allenfalls die Third Lady. Mal abgesehen davon, dass sie damit nah an ihren Platz als vierte Ehefrau von Gerhard Schröder herankommt: Ihrem tatsächlichen Rang als engste Beraterin unseres Regierungschefs würde diese Bezeichnung nicht gerecht.

Wie aber halten wir’s nun? Vielleicht wie die Gallier. Machen wir uns weniger Gedanken, sind höflich und zuvorkommend zu allen Damen, egal ob First, Second oder Third Lady – und lassen sie beim Fischkaufen einfach vor.

Claus-Georg Petri, Stuttgart


Nach Webster’s College Dictionary, 4th edition 2002, p. 534, ist der Ausdruck wie folgt definiert: „first lady […] 1 the wife or official hostess of a chief official, esp. of the U.S president, a state governor, or a mayor 2 a woman considered to be foremost in her profession or art“.

Ich denke, dass auch Sie die Relevanz von Webster’s Dictionary für Amerikanismen anerkennen und daher ihre Aussage sicherlich nur beschränkt aufrechterhalten können, dass es in Großbritannien keine „First Lady“ gibt und man beispielsweise durchaus dafür streiten kann, Cherie Blair als Ehefrau eines „chief officials“ als „First Lady“ des Vereinigten Königreichs zu bezeichnen.

Zusätzlich ist der Präsident der Vereinigten Staaten gleichzeitig Präsident und Regierungschef, deswegen ist davon ausgehen, dass den Amerikanern die Trennung zwischen Regierungschef und Staatsoberhaupt nicht geläufig ist. Daher kann man genauso dafür argumentieren, dass nur die Frau des Regierungschefs (als Inhaber der tatsächlichen politischen Macht) als „First Lady“ zu bezeichnen ist, womit diese Bezeichnung für Frau Schroeder-Köpf oder Frau Blair wiederum Legitimation erhält.

Nichtsdestotrotz stimme ich Ihnen zu, dass Ausdrücke und Bezeichnungen aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum nur beschränkt zu uebernehmen sind, sofern entsprechende Übersetzungen in der Muttersprache vorliegen.

Jochen Schäffner


Präsidentengattin, Kanzlergattin, Diktatorgattin sind sprachlich elegante und übliche Lösungen des scheinbaren Dilemmas. Sprachliche Probleme gibt es ausschließlich bei dem noch nicht vorhandenen Fall des gleichgeschlechtlichen Regierungspaares. Denn „eingetragener Lebenspartner des Regierungschefs“ oder auch „Kanzlerfreund“ klingt nicht wirklich überzeugend.

Mit amüsierten Grüßen,

Falk Lüke


Ich finde es immer wieder wunderbar, wenn ausgerechnet die im Deutschen so herrlich „unkonventionelle“ Spiegel-Online-Redaktionärs-Amateur-Mannschaft sich im Aquarium einen Zwiebelfisch hält, der auf Sprach-„Fauxpasse“ aufpassen und dieselben möglichst auch noch anprangern soll. Köstlich, ist es nicht? Das ist ungefähr so, als würde sich der Bad Pyrmonter Pyromanen-Club einen eigenen Alibi-Feuerwehrmann halten.

Klaus Dieter Bätz, Coburg


Der SPIEGEL an sich ist ja schon das Beste, was es zu lesen gibt. Aber der „Zwiebelfisch“ ist das Allerbeste. Ich bin erst vor kurzem auf Ihre Kolumne gestossen, und ich bin begeistert!! Hoffentlich wird es noch viele Zwiebelfische geben! Viele Grüße

Verena Zech


Diesmal hat mir der Zwiebelfisch besonders gefallen – ich habe endlich mal einen Fehler gefunden :-)) Die Frau des russischen Präsidenten heißt nicht Ljudmila Putin, sondern Ljudmila Putina. Mit freundlichen Grüßen,

Jörg Kreuzer

Zwiebelfisch-Antwort: Dieser Fehler – Asche auf mein Haupt – ist noch mehreren Lesern aufgefallen. Er wurde inzwischen berichtigt.


Das in der Schweiz allgemein vorhandene Misstrauen gegenüber Obrigkeiten wurde vor mehr als 150 Jahren ins Regierungssystem eingebaut. Somit existiert in der Schweiz kein Obermotz; das Land wird auf höchster Ebene durch eine Kollegialbehörde von sieben Bundesräten mit gleichen Kompetenzen regiert.

Die Vorteile dieses Systems bestehen darin, dass einerseits drei Deppen Bundesräte sein können, ohne ihre Meinung durchsetzen zu können. Folglich muss das Volk abstimmen. Andererseits besteht keine Identifikationsmöglichkeit mit einer einzelnen Person als Führer.

Der Terminus „First Lady“ wird aber nur im Zusammenhang mit einem „First Mann“, also „Führer“, gebraucht. Dies ist ein klares Zeichen dafür, dass die Umsetzung der Demokratie in all diesen Staatssystemen noch nicht abgeschlossen ist. Das zeigt sich auch darin, dass die gewählten Führer in Washington, Paris und mittlerweile auch in Berlin regelrecht Hof halten.

Dass die Frau des Präsidenten dann als „First Lady“ bezeichnet wird, ist nur konsequent. Mit den verwandten Begriffen „First Dog“, „First Guinee-Pig“ und „Air Force One“ nähern wir uns dann endgültig dem ansonsten eher aus Monarchien bekannten Gebaren der Regierenden an.

Dass dann die Wahlen vom Wählenden – und am Beispiel der USA auch vom zu Wählenden – nicht mehr so ernst genommen werden, ist auch nicht weiter erstaunlich.

Reto Huber, Beckenried (Schweiz)


Ins Italienische übersetzt wird die „First Lady“ zur „Prima Donna“. Denkt man an Imelda Marcos, Ehegattin des ehemaligen philippinischen Präsidenten, auch bekannt als the world’s most famous shoe collector, lässt sich ein gewisser Bedeutungszusammenhang nicht leugnen.

Nina Mikalauski, Hamburg


Um die Verwirrung zu steigern: Die Republik Panama hat eine Präsidentin (Mireya Moscoso), die zu Amt und Würden gekommen ist, weil sie mit einem dreimal gewählten und dreimal abgesetzten Präsidenten (Arnulfo Arias ) verheiratet war und nach dessen Tod im zweiten Anlauf selbst zum Staatsoberhaupt gewählt worden ist. Die einzige Präsidentin auf dem amerikanischen Doppelkontinent blieb nach dem Tod ihres Gatten unverheiratet. Weil aber auch in Panama genügend Aufgaben auf die Präsidentengattin, also auf die First Lady, warten, wird dieser „Job“ nun von Mireya Moscosos Schwester ausgeübt. Und die heißt „First Dame“.

Freddy Dutz, Hamburg


(c) Bastian Sick 2003

Zur Kolumne: Kampf um den Titel der First Lady

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