Begriffe wie Posting und Flatrate, Blockbuster und Ranking, Lifestyle und Standing sind heute fast schon selbstverständlich. Aber brauchen wir sie wirklich? Für die meisten Dinge gibt es schließlich ein ebenso gutes deutsches Wort. Man muss nur danach suchen. Und wo es bislang keines gab, da kann man auch eines erfinden.
In letzter Zeit kommt es immer mal wieder vor, dass mich ein Unternehmen für eine Veranstaltung als „Dinner Speaker“ buchen will. „Ich fürchte, da bin ich der Falsche“, antworte ich dann, „aber falls Sie mal einen Tischredner brauchen, melden Sie sich ruhig wieder!“ Bislang hat sich noch keines der Unternehmen ein zweites Mal gemeldet. Offenbar brauchen die keine Tischredner. Was will man auch damit, wenn man für das gleiche Geld einen Dinner Speaker bekommen kann?
Englische Wörter hat es in der deutschen Sprache schon immer gegeben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden es einige mehr, und viele haben wir begeistert akzeptiert, weil sie nützlich waren, modisch oder originell. Aber in den letzten Jahrzehnten sind so viele neue hinzugekommen, dass der Einzelne längst den Überblick verloren hat. Immer häufiger wird daher die Frage laut, ob wir all diese vielen englischen Wörter wirklich benötigen.
„Ein Wort wie Catering finde ich völlig überflüssig“, verriet mir eine Kollegin unlängst beim Kaffeetrinken, „ich sage Partyservice, das ist genau dasselbe. Ich brauche dafür kein englisches Wort!“ In diesem Punkt irrte sie allerdings, denn sowohl „Party“ als auch „Service“ sind englische Wörter. Dass „Partyservice“ in ihren Ohren kein Fremdwort ist, beweist, dass sie sich an dieses Wort gewöhnt hat. Was uns in Wahrheit an den Importvokabeln stört, ist nicht die Tatsache, dass sie englisch sind, sondern dass wir sie nicht kennen – der Mensch ist schließlich ein Gewohnheitstier. Wenn er sich aber einmal an etwas gewöhnt hat, dann hält er es bald für so selbstverständlich wie Pinguine in der Arktis.
Immer mehr Menschen wünschen sich, dem Einfluss des Englischen auf unsere Sprache einen Riegel vorzuschieben. Politiker der CDU und der CSU wollen die deutsche Sprache gar unter gesetzlichen Schutz stellen. Doch wie soll das funktionieren? Wer soll entscheiden, welche englischen Wörter eine sinnvolle Ergänzung unseres Wortschatzes darstellen und welche überflüssig sind? Jeder hat dazu eine andere Meinung. Und die ist abhängig von der jeweiligen Gewöhnung. So habe ich mich derart an Fastfood gewöhnt, dass es mir schwerfällt, auf Schnellkost umzusteigen. Zum Frühstück esse ich nach wie vor Cornflakes und keine Maisflocken, und wenn mir der Sinn nach einem Shake steht, würde ich kein Schüttelgetränk bestellen. Mein Altpapier stopfe ich in einen Container und nicht in einen Großbehälter, und wenn ich einem Skateboardfahrer ausweichen muss, denke ich nicht: „Oh, ein Rollbrettfahrer!“
Aber was an einem Event toller sein soll als an einer Veranstaltung, ist mir nicht klar. Und ich sage auch nicht Aircondition, wenn ich die Klimaanlage meine. Ich gehe lieber einkaufen als shoppen, und über meine Texte setze ich statt einer Headline immer noch lieber eine Überschrift. Eine Sitzung wird für mich niemals ein Meeting sein und ein Ortsgespräch niemals ein City Call. Ich trage auch immer noch Sportschuhe statt Sneakers und fürchte den Abgabetermin mehr als die Deadline.
Im Zeitalter der Globalisierung streben immer mehr Unternehmen nach Internationalität. So auch die deutsche Bahn. Daher werden die Schalter bei der Bahn seit einiger Zeit nicht mehr Schalter genannt, sondern Counter. Die Warteschlangen vor so einem „Counter“ sind zwar nicht kürzer als vor einem Schalter, aber das Anstehen fühlt sich viel internationaler an. Der Kunde spürt, dass eine neue Zeit von grenzenloser Weltläufigkeit und modernstem Service-Verständnis angebrochen ist, wenn er auf den Schildern im Schalterraum liest: „Counter wird geschlossen!“ und „Gern bedienen wir Sie am Counter nebenan!“ Dasselbe gilt für die Fahrplanauskunft, die sich jetzt „ServicePoint“ nennt (und bei der Bahn in den drei Schreibweisen ServicePoint, Service Point und Service-Point zu finden ist).
Manchmal kann man sich des Gefühls nicht erwehren, dass das Ersetzen deutscher Wörter durch englische reiner Etikettenschwindel ist. Aus meinem Sportunterricht kenne ich noch den Ausdruck Dauerlauf. In den 80ern setzte sich der Begriff „jogging“ durch. Das war im Prinzip nichts anderes als Dauerlaufen, aber es ließ sich besser vermarkten. Die Industrie überschwemmte Deutschland mit Jogginghosen. In „Dauerlaufhosen“ hätte sie nicht halb so viel verdient.
Zu Beginn des Jahres hat die Stiftung Deutsche Sprache die Aktion „Lebendiges Deutsch“ ins Leben gerufen, deren Ziel es ist, griffige deutsche Pendants zu englischen Wörtern zu finden – oder zu erfinden. Eine Expertenjury wählt unter allen eingesandten Vorschlägen den lebendigsten aus und macht sich für seine Verbreitung stark. Auf diese Weise sind bereits diverse kluge Vorschläge zusammengekommen. So wird für den „Stalker“ das praktische deutsche Wort „Nachsteller“ empfohlen. Statt „Blackout“ solle man „Aussetzer“ sagen, und für den „Airbag“ wurde das Wort „Prallkissen“ gefunden. Als deutsches Gegenstück zum „Brainstorming“ schlägt die Jury „Denkrunde“ vor, und anstelle von „Laptop“ empfiehlt sie das Wort „Klapprechner“. Als ich das Wort „Klapprechner“ vor ein paar Jahren zum ersten Mal hörte, habe ich gelacht, denn ich assoziierte damit Dinge wie Klappstuhl, Klapptisch und Klapprad, aber keinen Computer. Inzwischen aber finde ich den Ausdruck „Klapprechner“ gar nicht mehr so abwegig und bin auf dem besten Wege, mich richtig daran zu gewöhnen.
In seiner Mitgliederzeitung „Sprachnachrichten“ listet der Verein Deutsche Sprache (VDS) regelmäßig Meldungen über kleinere und größere Erfolge im Kampf gegen die Anglomanie. Im September 2005 konnte man lesen: „Das Museumsdorf in Cloppenburg verwendet statt des üblichen Happy Hour im Lokal ,Dorfkrug‘ den Ausdruck Beste Stunden.“ Es gibt freilich noch andere Wege, mit der Übermacht der englischen Wörter fertig zu werden – zum Beispiel indem man sie orthografisch so verfremdet, dass man sie nicht mehr als englisch identifizieren kann. So wie in jener Kneipe in Berlin-Kreuzberg, in der laut Aushang jeden Dienstag zwischen 20 und 22 Uhr „Happyauer“ ist! Das ist nur auf den ersten Blick komisch. Tatsächlich ist es nichts anderes als ein Versuch, ein Fremdwort einzudeutschen. Auf mehr oder weniger ähnliche Weise sind schließlich auch „puschen“ und „zappen“ zu deutschen Wörtern geworden.
Einen weiteren Erfolg konnte der Sprachrettungsclub Bautzen vermelden, der an der Stationsbezeichnung „Stroke-Unit“ im örtlichen Krankenhaus Anstoß genommen hatte. Die Klinik zeigte sich einsichtig und ergänzte die englische Beschriftung um den deutschen Zusatz „Schlaganfall-Intensivstation“.
Im Internet präsentiert der VDS außerdem eine Liste mit 4600 englischen Wörtern und Abkürzungen, die Eingang ins Alltagsdeutsch gefunden haben oder sich im Fachjargon bestimmter Branchen tummeln. Hinter allen Einträgen findet man eine Übersetzung oder eine Erläuterung.
Leider können Institutionen wie der VDS und die Stiftung Deutsche Sprache nicht verhindern, dass ihnen für ihre Bemühungen auch aus der falschen Ecke applaudiert wird. Das Ersetzen englischer Begriffe durch deutsche ist nämlich bezeichnend für den Jargon der rechten Szene, vor allem in Bezug auf Computertechnik. Da wird das Internet zum „Weltnetz“, die Homepage zur „Heimatseite“ und die E-Mail zum „E-Brief“. Ein Link ist ein „Verweis“ oder „Verzweig“ und der Chat-Room ein „Sprechraum“. Rechtsgerichtete Versandfirmen bieten T-Hemden statt T-Shirts an, „Kurzhosen“ statt Shorts und „Nietenhosen“ statt Jeans.
Der Grat zwischen altbacken und neumodisch, zwischen nützlich und überflüssig, zwischen zumutbar und geschmacklos ist – wie Grate das nun einmal an sich haben – schmal. Vielleicht wird man zum „Browser“ eines Tages „Stöberer“ sagen, wie von einigen Deutschliebhabern empfohlen. Und vielleicht sagen wir irgendwann „Blitzruf“ statt „Hotline“. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht macht der technische Fortschritt Browser und Hotline überflüssig, ehe sich deutsche Wörter dafür durchsetzen können. Vielleicht verschwindet sogar Reality-TV aus dem Programm, ehe ein Gesetz zum Schutz der deutschen Sprache dafür die Begriffe „Wirklichkeitsfernsehen“ oder „Echte-Leute-Fernsehen“ vorschreibt. Das wäre doch kühl!
100 englische Fremdwörter und was man stattdessen sagen könnte | |
Account | Benutzerkonto, Zugang, Zugangsberechtigung |
Anchorman | Hauptnachrichtensprecher |
Appetizer | Appetitanreger, Appetithappen |
Attachment | Anhang |
auschecken | abmelden, ausbuchen |
ausloggen | abmelden |
Basement | Untergeschoss, Tiefparterre, Souterrain |
Blackout | Aussetzer, Filmriss, Erinnerungslücke |
Blockbuster | Kassenschlager, Straßenfeger |
Briefing | Einweisung, Einsatzbesprechung |
Button | Abzeichen, Anstecker, Knopf |
Call by Call | Sparvorwahl |
canceln | abbestellen, abbrechen, absagen, löschen, streichen |
City Call | Ortsgespräch |
Community | Gemeinschaft, Gemeinde |
Consulting | Unternehmensberatung |
Contest | Wettbewerb, Wettkampf, Vergleich |
covern | neu einspielen, neu aufnehmen |
Daily Soap | Seifenoper |
Date | Rendezvous, Treffen, Verabredung |
Deadline | Fristende, Stichtag, Redaktionsschluss, Abgabetermin |
Discounter | Billigladen, Supermarkt |
Display | Anzeige, Sichtfeld, Bildschirm |
downloaden | herunterladen |
Dresscode | Kleidervorschrift |
Dummy | Attrappe, (Versuchs-)Puppe, Unfallpuppe |
Dumpingpreis | Schleuderpreis |
Economy Class | Touristenklasse |
Editorial | Einleitung, Leitartikel |
Eyecatcher | Blickfang, Hingucker |
Event | Veranstaltung, Ereignis, Hingeher |
Fake | Fälschung, Schwindel, Vortäuschung, Vorspielung |
Fastfood, Fast Food | Schnellkost |
Feature (journ.) | Beitrag, Bericht |
Feature (wirtsch.) | Merkmal, Eigenschaft |
Feedback | Echo, Rückmeldung, Resonanz |
Flatrate | Grundpreis, Pauschale |
Flyer | Flugblatt, Handzettel |
forwarden | Weiterleiten |
Freelancer | Freiberufler, freier Mitarbeiter |
Fundraising | Geldbeschaffung, Spendensammlung |
Ghostwriter | Auftragsschreiber, Redenschreiber |
Give-away | Werbegeschenk, Gratisprobe |
Headline | Schlagzeile, Überschrift |
Image | Ruf |
Jogging | Dauerlauf |
Joke | Scherz, Spaß, Ulk, Witz |
Kidnapping | Entführung |
Knowhow | Fachwissen, Sachverstand |
Label | Marke, Plattenfirma |
Laptop, auch Notebook | Klapprechner |
Layout | Aufmachung, Gestaltung, Drucksatz |
Lifestyle | Lebensart, -stil |
Lift | Fahrstuhl |
Limit | Grenze, Grenzwert, Höchstgrenze |
Lobby(Gesell.) | Interessengruppe, Interessenverband |
Lobby (Arch.) | Foyer, Vestibül, Wandelhalle |
Local Call | Ortsgespräch |
Loser | Verlierer |
Lounge | Salon, Wartesaal |
Mainstream | Massengeschmack |
Manual | Bedienungsanleitung, Betriebsanleitung, Handbuch |
Meeting | Besprechung, Konferenz, Sitzung |
Merchandising | Vermarktung |
Message | Botschaft, Mitteilung, Nachricht |
Model | Mannequin, Modell |
Mousepad | Mausmatte |
Nickname | Spitzname |
Nonsense | Blödsinn, Quatsch, Unfug, Unsinn |
Organizer | Terminplaner |
Outing | Enthüllung, Bloßstellung |
outdoor | draußen, im Freien |
Outsourcing | Auslagerung, Ausgliederung |
Payback Card | Rabattkarte |
Posting | Mitteilung |
Prepaid Card | Guthabenkarte |
Primetime | Hauptsendezeit, beste Sendezeit |
Public Relations (PR) | Öffentlichkeitsarbeit |
Publicity | Bekanntheit, Aufmerksamkeit |
Ranking | Rangfolge, Rangliste |
Rushhour | Stoßzeit, Hauptverkehrszeit |
Sale | Ausverkauf, Schlussverkauf |
Service Point | Infostand |
Shuttle Service | Pendelverkehr |
Snack | Imbiss, Happen, Zwischenmahlzeit |
Sneakers | Sportschuhe, Turnschuhe |
Softie | Weichei; empfindsamer, sanfter Mann, Zärtling |
Soundtrack | Filmmusik |
Stalker | Nachsteller |
Standing | Ansehen, Rang |
Standby | Bereitschaft, Wartebetrieb |
Statement | Aussage, Erklärung, Stellungnahme |
Ticket Hotline | telefonischer Kartenvorverkauf |
Trailer | Vorschau |
Update | Aktualisierung |
Upgrade | Aufwertung |
Wellness | Wohlbefinden, Wohlgefühl |
Womanizer | Schürzenjäger, Weiberheld |
Workaholic | Arbeitssüchtiger, Arbeitstier |
Workflow | Arbeitsablauf |
(c) Bastian Sick 2006
Diese Kolumne ist auch in Bastian Sicks Buch „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod, Folge 3“ erschienen. Zusätzlich erschien sie in der SPIEGEL-Jahreschronik 2006.
Weitere Texte zum Thema:
Was meint eigentlich Halloween?
Hallo, Herr Sick! Ihre Artikel finde ich stets äußerst erquicklich. Ich bin mit einem Briten verheiratet und tue mich ab und an schwer, gute deutsche Pendants zu englischen Begriffen zu finden, insbesondere da ich auch am Arbeitsplatz viel Englisch spreche und schreibe.
Neulich befanden wir uns allerdings in der umgekehrten Lage: Da fragte mich mein Mann nach der englischen Entsprechung eines deutschen Wortes, nämlich der „Strafversetzung“. Und Potzblitz – da musste er nach einer von mir umständlich vorgebrachten Erläuterung zugeben, dass es hierfür im Englischen keinen treffenden Begriff gibt! Das war dann mal wieder 1:0 für Deutsch(land)!
Apropos: jogginghosen= Dauerlaufhosen.
Ich erinnere mich an Trainingshosen und Trainingschuhe, also vor 70 Jahren schon ein englischer Ausdruck, obwohl ich es nicht wusste. Wie sagt man Pullover auf deutsch?
Witzig, Ihre Uebersetzung von“basement“ als Souterrain oder Parterre ist ja französisch, also schon seit Napoleons Zeiten eingedeutscht. Das wäre ein anderes interessantes Thema.