Schluss mit den Apostrophen-Katastrophen! Der Zwiebelfisch verrät, wo im Deutschen ein Apostroph gesetzt werden muss, wo man auf ihn verzichten kann und wo er schlichtweg „nicht’s“ zu suchen hat.
Wo ein Apostroph gesetzt werden kann:
Der Apostroph kann dort gesetzt werden, wo das Pronomen „es“ zu „s“ verkürzt ist:
Wie geht’s? Nimm’s leicht! Hat’s geschmeckt? Hat er’s kapiert? Sag’s mir! So steht’s geschrieben. Wirf’s weg! Mach’s gut, Alter! Hol’s der Teufel! Wenn’s weiter nichts ist; um’s kurz zu machen …
Seit Zulassung der Rechtschreibreform gilt hier der Apostroph als entbehrlich, man darf daher auch schreiben:
Wie gehts? Nimms leicht! Hats geschmeckt? Hat ers kapiert? Sags mir! So stehts geschrieben. Wirfs weg! Machs gut, Alter! Hols der Teufel! Wenns weiter nichts ist; ums kurz zu machen …
Der Apostroph kann dort gesetzt werden, wo jemand ein Gewerbe eröffnen und dazu ein Schild mit Genitiv anbringen will (aber nur dann):
Bellini’s Bar; Gerti’s Grillstation; Willi’s Weinkontor
Der Apostroph kann gesetzt werden, wenn der unbestimmte Artikel „ein/eine“ zu „n“ verkürzt ist, was vor allem bei der Wiedergabe von gesprochener Sprache auftritt:
Was ’n Glück! Haste mal ’nen Euro? So ’n Blödsinn! Steffi ist ’ne tolle Sportlerin.
In allen Fällen dieser „Kann“-Kategorie bleibt es dem Schreibenden selbst überlassen, ob er einen Apostroph setzen will oder nicht.
Wo ein Apostroph nicht (mehr) gesetzt werden sollte:
Für das weggefallene Endungs-e bei Verben in der ersten Person Singular:
Ich steh im Regen und warte auf dich. Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hol ich mir der Königin Kind. Das lass ich mir von dir nicht sagen!
Für das weggefallene Endungs-e beim Imperativ der zweiten Person Singular:
Lass es bleiben! Mach die Tür zu! Halt den Mund! Nun heul nicht schon wieder, Daniel!
Im Unterschied zur alten Regelung steht für das weggefallene Endungs-e heute grundsätzlich kein Apostroph mehr. Schon früher entfiel er bei Redewendungen und Fügungen, die häufig gebraucht werden und als unmissverständlich gelten:
Freud und Leid; gut Wetter machen; ruhig Blut bewahren; öd und leer; heut und hier
Wo ein Apostroph nicht gesetzt werden darf:
Bei Eigennamen im Genitiv steht in der Regel niemals ein Apostroph (außer bei Firmenschildern und Namen auf s-Lauten):
Annettes Schwester, Angela Merkels Politik, Goethes Gedichte, Hamburgs Hafen
Der Apostroph wird nicht gesetzt bei Verschmelzung von bestimmtem Artikel und vorangehender Präposition:
aufs Dach, unters Bett, ins Haus, hinterm Deich, unterm Tisch, beim Essen, vorm Tor, fürs Kind, durchs Fenster, vors Auto, übern Harz
Absolut fehl am Platz ist der Apostroph beim Plural-s:
Autos, Babys, Clubs, Dias, E-Mails, Gullys, Parks, Ponys, Singles, Shorts, Taxis, Tees, Videos, Zoos
Dasselbe gilt für Abkürzungen, die im Plural stehen. Auch hier wird kein Apostroph gesetzt, oftmals braucht nicht mal ein s angehängt zu werden:
alle ABM(s), meine CDs, deine DVDs, die GmbHs, alte LPs, drei Lkw(s), viele Pkw(s),
Völlig indiskutabel ist auch die Apostrophierung von Wörtern, die auf -s enden:
nichts, rechts, allseits, bereits, stets, nirgends, eigens
Wo ein Apostroph gesetzt werden muss:
Bei Auslassungen im Wortinneren:
Ku’damm, M’gladbach, Lu’hafen, D’dorf
Bei der Kennzeichnung des Genitivs von Namen, die auf s, ss, ß, tz, z und x auslauten. Der Apostroph ersetzt hier das Genitiv-s:
Hans‘ Mutter, Max‘ Cousine, Grass‘ Romane, Ministerin Zypries‘ Gesetzentwurf, Ringelnatz‘ Gedichte
Dies gilt aber nicht, wenn vor dem Namen ein bestimmter Artikel (plus Attribut) steht:
die Mutter des alten Hans, die Cousine des strammen Max, die Romane des Günter Grass, der Gesetzentwurf der Ministerin Zypries, die Gedichte des Joachim Ringelnatz
(c) Bastian Sick 2004
Mehr Wissen mit dem Zwiebelfisch: Der Gebrauch des Fugen-s im Überblick
Hallo Herr Sick,
beim Suchen nach einem bestimmten Fall des Gebrauchs des Apostrophs stieß ich auch auf Ihren Artikel: „Der Gebrauch des Apostrophs im Überblick“. Ausgerechnet der von mir gesuchte Fall („orwell’sch“ oder „orwellsch“?) war nicht dabei.
Mittlerweile habe ich dazu etwas gefunden.
Alte Rechtschreibung (Duden, 20. Auflage):
R20 Der Apostroph steht im Wortinnern für ausgelassenes -i- der mit -ig oder -isch gebildeten Adjektive oder Pronomen (Fürwörter).
ein’ge Leute, wen’ge Stunden, heil’ge Eide, ew’ger Bund; ird’sche Güter, märk’sche Heimat
Kein Apostroph steht aber in Adjektiven auf -sch, die von Eigennamen abgeleitet sind.
Goethesche (auch: Goethische) Lyrik, Mozartsche Sonate, Grimmsche Märchen, Hegelsche Schule, Heusssche Schriften
Neue Rechtschreibung (Duden, 21. Auflage):
R14 Der Apostroph wird gelegentlich gebraucht, um die Grundform eines Namens vor der Adjektivendung -sch zu verdeutlichen § 97 E.
die Grimm’schen Märchen (aber: die grimmschen Märchen)
Vgl. auch R 17 u. R 94.
Dies zu Ihrer Kenntnisnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Wunderlich