Sonntag, 20. Oktober 2024

Ojéé, ojé, ojé, ojé!

Haben Sie auch so oft Fußball? Dann haben Sie bestimmt schon mal von Trinidad und Tabacco gehört. Und wenn Sie wissen wollen, wie die Bewohner der Elfenbeinküste genannt werden, dann treten Sie näher und schauen Sie sich das Spiel auf unserer Linewand an!

„Deutsche Männer haben lieber Sex als Fußball“, verkündete die „Rheinische Post“ in ihrer Online-Ausgabe. Da hat der Leser wieder etwas Wichtiges dazugelernt. Nicht die wenig erstaunliche Tatsache, dass der Sexualtrieb den Mann stärker beherrscht als der Baller-Baller-Trieb, sondern dass es Fußball jetzt offenbar auch zu „haben“ gibt – so wie Liebeskummer, Durchfall und Migräne. „Gestern hatte ich Fußball!“ – so redet kein Mensch, aber so schreiben Journalisten – vor allem jetzt, im Eifer des Fußballgefechts.

In den Berichten zur Weltmeisterschaft wimmelt es von erstaunlichen Behauptungen. Da winken Spieler noch „von der Bahre“, und die Zuschauer winken von der „Tribühne“ zurück. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann dichten sie. Über die Poesie der Spieler lässt sich streiten, man kann sich sogar daran verletzen, so wie auf kicker.de gemeldet: „Kovac fiel nach einem Zweikampf mit dem Brasilianer Adriano unglücklich mit den Rippen auf die Verse des Stürmers von Inter Mailand.“ Achilles lässt grüßen!

Dass es in England Elfen gibt, stellt seit „Harry Potter“ kein Kind mehr in Frage. Es gibt sie aber auch in Australien! Am 6. Juni lief über den DPA-Ticker eine Meldung mit der Überschrift: „Angekommen: Englische und australische Nationalelfen beziehen WM-Quartiere“. Die Hauselfen Dobby und Kreacher machen also schon mal die Betten. Dann können die Mannschaften ja bald nachkommen.

Besonders knifflig wird es, wenn es um die Ableitungen von Ländernamen geht. Wie heißen die Einwohner der Elfenbeinküste? So lautet eine der am häufigsten gestellten Fragen seit Beginn der WM. Sind es Elfenbeinküster? Oder gar Elfenbeinküstolesen? Oder kurz Elfenbeiner, oder – in Analogie zu Saudis und Israelis – Elfenbeinis? Nein, weder noch, sie heißen Ivorer, das kommt vom französischen Namen des Landes: Côte d’Ivoire. Und das dazugehörige Adjektiv (Wiewort) lautet „ivorisch“: die ivorische Mannschaft, die ivorischen Spieler. Während die Bewohner Togos gelegentlich noch Togolesen genannt werden (das Auswärtige Amt bevorzugt heute die moderne Form Togoer), hießen die Bewohner Ghanas niemals Ghanesen oder Ghanalesen, sondern einfach immer Ghanaer.

Man braucht sich nicht zu schämen, wenn man nicht weiß, wie die Einwohner Trinidads und Tobagos genannt werden. Die wenigsten wissen, wo dieser Inselstaat überhaupt liegt. Manch einer vermutet ihn irgendwo in Afrika. Nach dem 0:0-Spiel zwischen Trinidad-Tobago und Schweden las man auf Focus-online: „Deutsche feiern Afrikas Kicker“. Die Spieler auf dem darunter gezeigten Bild waren zwar dunkelhäutig, aber wenn es danach ginge, müssten auch Frankreich und die Niederlande in Afrika liegen. Nun sind sie wieder abgereist, und die Frage, wie sie eigentlich heißen und wo ihre schöne Heimat liegt, wird die meisten Deutschen bis zu ihrem nächsten WM-Auftritt wohl kaum interessieren.*

In ihren ersten beiden Spielen gaben die Brasilianer ein recht müdes Bild ab. Stürmer Ronaldo soll sogar eingenickt sein, wie SPIEGEL ONLINE berichtete: „Schöne Kombination mit der Ausgangssituation bei Ronaldinho. Nach einem Dribbling flankt er zu Cicinho, der wiederum von der rechten Seite vor den Fünfmeterraum zu Ronaldo köpft, der am höchsten steigt. Der Stürmer nickt zum 1:1 ein!“ Wenn sie aber wach bleiben und ihre Beine einsetzen, dann können die Spieler sogar „einnetzen“: „Francisco Fonseca gelang allerdings recht schnell der Anschlusstreffer. „Er netzte nur fünf Minuten später zum 2:1 ein“, hieß es stilsicher in einer Meldung auf sportnews-online.

Jürgen Klinsmann besticht nicht nur durch seine Leistung als Trainer, sondern auch durch seinen Humor. Wie sonst könnte er es gemeint haben, wenn er einem Spieler der deutschen Mannschaft bescheinigt: „Er ist in bestechlicher Form“?

Dass Fußball-Stars in der Öffentlichkeit einen gewissen Sonderstatus genießen, ist selbstverständlich. Doch alles hat seine Grenzen. Das Verhalten der Hammer Autobahnpolizei geht jedenfalls zu weit. Die hat den argentinischen Fußballspieler Diego Maradona des Nachts hinter einer Baustelle gestoppt, an der er mit überhöhter Geschwindigkeit vorbeigesaust war. „Der Weltmeister von 1986 bekam ein Verwarnungsgeld in Höhe von 200 Euro und durfte weiterfahren“, schrieb die „Badische Zeitung“ auf ihrer Internetseite. Dass Maradona von der Polizei 200 Euro bekommen hat, ist wirklich nicht in Ordnung.

Vielleicht ist er so anständig, das Geld der Fifa zu spenden. Die könnte es in eine bessere Übersetzungssoftware investieren. Denn auf der Homepage der Fifa erfährt man derzeit: „FIFA wird durch seine Gesetze nicht nur an der positiven Förderung des Fußballs durch Entwicklungsprogramme, aber auch am Überwachen der weltweiter Konkurrenzen und am Schützen des Sports und seines guten Bildes gegen Mißbrauch seiner Richtlinien und Regelungen festgelegt. Und FIFA achtet es, daß das Spiel zu einen vereinheitlichten Regeln gespielt wird, die Gesetze des Spiels, auf der ganzen Erde.“

Dem hinzuzufügen, ist nichts.

*Und für alle, die es doch noch wissen wollen: Die Inseln Trinidad und Tobago liegen am Südrand der Karibik, vor der Küste Venezuelas, und die Einwohner werden in unserer Sprache Trinidader und Tobagoer genannt.

(c) Bastian Sick 2006 / Foto: Am Playa de Palma (Mallorca), eingeschickt von Jochen Bauer

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