Am Montag, den 4.11.2019, erlag mein geschätzter Kollege und Freund Jürgen »Jo« Hielscher im Alter von 67 Jahren in einem Krankenhaus in Flensburg einer schweren Lungenentzündung. Von 2008 bis 2018 hat er mich zu fast allen meinen Auftritten begleitet; er war mein Tourleiter, Fahrer und Betreuer – und wurde mit der Zeit zu einem lieben Freund.
Als wir uns 2008 kennen lernten, konnte er schon auf eine bewegte Karriere zurückblicken. Aus Hagen-Hohenlimburg stammend, hatte er in jungen Jahren die Rockmusik für sich entdeckt und als Schlagzeuger einigen Erfolg. Er war Mitglied der Band »The Ramblers«, die immerhin zwei LPs herausbrachte und in ihren Glanzzeiten sogar in der ZDF-Sendung »Disco« zu sehen war. Er gehörte der Hagener Musikszene an, aus der auch Nena und Extrabreit hervorgegangen waren. Nena kannte er noch aus der Zeit, als er sich als Taxifahrer Geld verdiente und sie das Funkgerät in der Zentrale bediente.
Als es mit der Rockmusik für ihn nicht mehr voranging, wechselte er die Seiten und wurde Künstlerbetreuer. Als Tourneeleiter begleitete er Bands und Künstler wie Tower of Power, Mercedes Sosa, Nigel Kennedy, Milva, Juliane Werding, Stephan Sulke, Konstantin Wecker, Luka Bloom, Guido Crantz, Frank Schätzing – und seit 2008 auch mich. Zehn Jahre lang waren wir ein festes Team und durchquerten auf unseren Reisen x-fach die Republik.
Jo war der sicherste Fahrer, den man sich denken kann. Wenn er am Steuer saß, konnte ich seelenruhig die Augen schließen. Meistens aber unterhielten wir uns. Das hieß: Jo redete, und ich hörte zu. Jo war ein großartiger Erzähler, und von seinen Geschichten bekam ich nie genug.
Er sorgte dafür, dass ich pünktlich am Auftrittsort erschien, richtete mir die Garderobe ein, machte mir Tee und behielt die Nerven, wenn meine zu flattern begannen.
Er flachste gern, hatte einen leicht derben Humor und riss zotige Witze. Den Frauen schenkte er stets zuvorkommende Aufmerksamkeit und liebte doch immer nur die eine: seine Petra, mit der er seit 50 Jahren zusammen war, die meiste Zeit davon mit ihr verheiratet. Es war die ganz, ganz große Liebe, und sie blieb es ein Leben lang.
Im Mai 2018 waren wir zum letzten Mal gemeinsam unterwegs. Auf der Rückfahrt von München wurde Jo von heftigen Krämpfen geplagt. Wie sich herausstellte, hatte er einen Darm-Abszess, der durch eine Auto-Immunschwäche verursacht war. Einige OPs später war er zwar leidlich wiederhergestellt, doch zu seiner alten Kondition fand er nie mehr zurück.
Dieses Foto ist das letzte von ihm, das ich habe: Es zeigt ihn bei einem Spaziergang im deutsch-dänischen Grenzgebiet. Vermutlich hat seine Frau Petra es gemacht. Ihr gelten all meine lieben Gedanken in diesen Tagen.
Wenn es einen Himmel für Rockmusiker und Geschichtenerzähler gibt, dann ist Jo jetzt dort. Und sie werden ihn dort feiern, denn er war ein Guter, ein wirklich richtig, richtig Guter. Und hier unten wird er irgendwie weiterleben, denn wie heißt es so schön: Ein Mensch ist erst verschwunden, wenn der letzte, der ihn kannte und der letzte, der von ihm gehört hat, verschwunden sind. Und das wird bei Jo noch lange dauern, denn dafür hat er der Welt einfach zu viele Geschichten hinterlassen.
Ich war mit Jürgens Frau in den 70ern befreundet, wir haben die gleiche Klasse besucht. Sie und Jo haben sich in dieser Zeit kennen und lieben gelernt. Ich würde ihr so gern sagen, wie leid mir ihr Verlust tut. Leider habe ich weder eine Adresse noch eine Telefonnummer. Das ist mein letzter Versuch …
Grüße von Babsy aus Hagen
Ach Mensch, Herr Sick – da haben Sie ein wahnsinnig schönes und so berührendes Portrait von Ihrem guten Freund und Begleiter geschrieben: Mir ist dadurch ein Mensch lebendig geworden, den ich nie kannte, ja (frevelhafterweise) nicht mal von ihm gehört habe… Dafür aber jetzt. Und umso schöner.
Vielen Dank für diese berührenden Zeilen zu einem so wichtigem Menschen in Ihrem Leben… Und tiefste und herzliche Anteilnahme – gerade auch für seine über alles geliebte Frau Petra und seine weiteren Angehörigen und Freunde!
RIP im Rock-, Geschichten- und Herzenshimmel!