Donnerstag, 3. Oktober 2024

verstorben/gestorben

In tiefer Trauer gibt Familie Heckeldorn das Dahinscheiden ihrer geliebten Yorkshire-Terrier-Hündin Tiffany bekannt, die am Sonntag nach dem Genuss eines 16 Zentimeter langen Marzipanbrotes „verstorben“ sei.

Jetzt ist Tiffany im Hundehimmel, und das Leben geht weiter. Der Familie Heckeldorn bleiben viele schöne Erinnerungen an ihre herzallerliebste Tiffany, und allen anderen bleiben zwei Fragen. Erstens: Wie viel Marzipanbrot sollte man einem Schoßhündchen maximal verabreichen? Zweitens: Gibt es einen Unterschied zwischen „gestorben“ und „verstorben“?

Zumindest die zweite Frage verdient an dieser Stelle eine Erörterung. Natürlich gibt es einen Unterschied, genau genommen sogar zwei: einen grammatischen und einen stilistischen. „Gestorben“ ist das Perfektpartizip von „sterben“, „verstorben“ ist das Perfektpartizip von „versterben“. Während die Präsensformen des Verbs „versterben“ heute kaum noch gebraucht werden, sind die Vergangenheitsformen recht häufig.

Er verstarb im Alter von 83 Jahren.
Plötzlich und unerwartet ist unsere liebe Omi am vergangenen Donnerstag verstorben.

Die Wörter „verstarb“ und „verstorben“ gelten als gehoben. Für die meisten Menschen ist der Tod ein unangenehmes Thema; wer mit jemandem über den Tod eines Angehörigen sprechen muss, wählt seine Worte mit Bedacht und zieht stilistisch lieber ein höheres Register, um nicht als respekt- oder gefühllos missverstanden zu werden. „Verstorben“ mag betulicher klingen als „gestorben“, von vielen wird es aber auch als würdevoller verstanden.

Es ist legitim, „verstorben“ zu benutzen, wenn man die Gefühle anderer (oder seine eigenen) schonen will. Dies gilt vor allem für Traueranzeigen, Grabreden, Kondolenzschreiben und Nachrufe.

In Aufsätzen oder Berichten über Personen, deren Tod bereits einige Zeit zurückliegt, ist es jedoch nicht nötig, „verstorben“ zu schreiben. Napoleon ist nicht etwa am 5. Mai 1821 auf St. Helena „verstorben“, sondern gestorben. Und Charlie Chaplin „verstarb“ nicht etwa im Alter von 88 Jahren, sondern er starb im Alter von 88 Jahren.

Stellt sich die Frage nach der Todesursache, kann hierzu nur das Verb „sterben“ herangezogen werden:

Woran ist Ihre liebe Frau Mutter gestorben? (nicht: verstorben)
Der Regisseur starb (nicht: verstarb) am
18. August an einer Lungenentzündung.

Als Attribut und als Hauptwort sind indes nur die von „verstorben“ abgeleiteten Formen gebräuchlich:

Am vergangenen Mittwoch wurde der verstorbene Präsident (nicht: der gestorbene Präsident) in einem feierlichen Staatsakt beigesetzt.
Ich kannte den Verstorbenen (nicht: den Gestorbenen) nur flüchtig. 

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