Eine Leserin aus Berlin, die Ausländer in Deutsch unterrichtet, hat eine grundlegende Frage zur Ermittlung von Dativ und Akkusativ. Der Zwiebelfisch nimmt dies zum Anlass, sich ein paar grundlegende Gedanken über die Natur unserer vier Fälle zu machen.
Frage einer Leserin aus Berlin: Sehr geehrter Herr Sick,
eine Frage treibt mich seit meiner Kindheit um, als meine Mutter mir die deutsche Grammatik beizubringen versuchte und mich mit der Aufforderung triezte, „nach wem oder was“ zu fragen, um den richtigen Fall für ein Nomen herauszufinden. Ich wiederum machte sie mit meinem Unverständnis wahnsinnig: „Wieso soll ich nach jemandem fragen? Kommt dann einer?“
Heute, fünfzig Jahre später, unterrichte ich selber (Ausländer, die schier verrückt werden an Akkusativ/Dativ) und gehe der Frage aus beruflichen Gründen erneut nach, indem ich Grammatikbücher wälze. Und ich finde keine Antwort auf meine Frage. Stattdessen plagt mich hartnäckig weiterhin mein logisches Problem:
Nehmen wir den einfachen Satz „Die Katze fängt eine Maus“. Um herauszufinden, in welchem Fall die Maus steht, stelle ich die Frage „Wen oder was fängt die Katze?“ und erhalte als Antwort: Akkusativ.
Aber das Stellen der richtigen Frage (wen oder was?) setzt doch voraus, dass ich den richtigen Fall weiß! Und wenn ich den weiß, ist die Frage eigentlich überflüssig, da sie die Antwort bereits enthält. Für mein Gefühl fängt die Katze hier nicht nur die Maus, sondern beißt sich dabei selbst in – wen oder was? – den Schwanz.
Habe ich etwas Wesentliches übersehen?
Antwort des Zwiebelfischs: Liebe Leserin, Ihre Frage ist ebenso amüsant wie spitzfindig. Und in einem Punkt haben Sie auf jeden Fall recht: Wenn Sie die Maus mit „wen oder was?“ erfragen, sind Sie schon beim Akkusativ gelandet und haben sich die Antwort damit selbst gegeben. Die Schwierigkeit liegt also nicht darin, herauszufinden, welcher Kasus die richtige Antwort auf die Frage „wen oder was?“ ist, sondern vielmehr, welche Frage man überhaupt stellen soll.
Warum haben Sie nach der Maus nicht mit „wem“ gefragt? Weil die Maus nicht im Dativ stand, was Ihnen intuitiv klar war. Hätte der Satz gelautet „Die Katze fängt der Maus einen Wurm“, hätten Sie bei „der Maus“ automatisch auf „wem oder was“ geschaltet und wären zur Antwort „Dativ“ gelangt.
Diesen Automatismus hat Ihnen Ihre Mutter erfolgreich antrainiert. Als deutscher Muttersprachler lernt man den Umgang mit den Fällen ungefähr zwischen dem dritten und dem sechsten Lebensjahr. Daher ist das Kasus-Verständnis schon im Grundschulalter annähernd vollständig entwickelt. Wer als Erwachsener Deutsch als Fremdsprache lernt, tut sich mit den Fällen weitaus schwerer. Und es gibt leider nur wenige nützliche Faustregeln, die einem das Erlernen der Fälle erleichtern.
Vielleicht hilft es, wenn man sich ein paar Dinge über die Natur der Fälle klarmacht. Einen ersten Hinweis finden wir in ihrem Namen:
Nominativ (lateinisch „nominativus“) kommt vom Wort „nomen“, das „Name“ bedeutet. Der Nominativ ist also der Namenfall, genauer gesagt der Fall, in dem der Name (und genauso das Pronomen und das Hauptwort) unverändert bleibt, denn in jedem anderen Fall (im Lateinischen gibt es neben dem Nominativ noch den Genitiv, den Dativ, den Akkusativ, den Ablativ und den Vokativ) wird der Name durch Beugung verändert. Weil er die Namen, Pronomen und Hauptwörter so lässt, wie sie sind, nennen wir den Nominativ hier einfach mal den Fall des Seins.
Der Genitiv geht auf das lateinische Wort „gens“ zurück, das für Geschlecht, Sippe, Abstammung steht. Er ist der Fall, mit dem eine Zugehörigkeit ausgedrückt wird, kurz gesagt: der Fall des Gehörens. Verben mit einem Genitivobjekt gibt es im Deutschen nur noch eine Handvoll*, und auch die Zahl der Präpositionen, hinter denen der Genitiv steht, ist überschaubar. Nach wie vor aber spielt der Genitiv eine große Rolle, wenn es gilt, Besitzverhältnisse oder Zugehörigkeit zu beschreiben. Sowohl „das Haus meines Nachbarn“ (wessen?) als auch „die Hälfte der Einwohner“ (wovon?) rufen den Genitiv auf den Plan, ohne dass ein Verb oder eine Präposition vonnöten wären. Dass heute viele den Genitiv durch eine Konstruktion mit „von“ ersetzen („das Haus von meinem Nachbarn“, „die Hälfte von den Einwohnern“) oder die Genitiv-Endung beim Eigennamen nach englischem Vorbild apostrophieren, steht auf einem anderen Blatt. (Und es ist kein Ruhmesblatt. Und schon gar nicht ein „Ruhme’s Blatt“.)
Dativ (lateinisch „dativus“) leitet sich vom Verb „dare“ ab, das „geben“ oder „schenken“ bedeutet. Der Dativ ist also der Fall des Gebens und Schenkens. Daher steht bei Verben, bei denen eine Person einer anderen etwas gibt, schenkt, reicht, bringt, aushändigt, überlässt, schickt oder weiterleitet diese andere Person immer im Dativ.
Meine Tante Elli aus Sachsen-Anhalt, die uns früher oft besuchen kam, pflegte allerdings das Verb „geben“ mit dem Akkusativ zu gebrauchen. Bei ihr hieß es „Gib mich mal die Butter“. So lernte ich schon als Kind, dass jede Region ihre eigenen Regeln hat.
Der Akkusativ geht auf das lateinische Wort „accusare“ zurück, das „anklagen“ bedeutet. Der vierte Fall ist also der Fall der Anklage. Offenbar spielte schon bei den alten Römern das Anklagen und Beschuldigen eine derart wichtige Rolle, dass sie einen Kasus danach benannt haben.
Man nennt den Dativ auch den Fall des Empfangens und den Akkusativ den Fall des Erleidens. Denn der Akkusativ steht vor allem bei Verben, bei denen die eine Person der anderen etwas zufügt: schlagen, treten, beißen, anschreien, verjagen, verraten, verfluchen, verletzen, töten – daneben nehmen sich anklagen und beschuldigen noch geradezu harmlos aus. Auch lieben und hassen werden mit dem Akkusativ gebildet – was zu interessanten sprachphilosophischen Überlegungen einlädt.
Der Berliner wiederum sagt „Ick liebe dir“, gebraucht „lieben“ also mit Dativ. Die Unterscheidung zwischen Dativ und Akkusativ spielt im Berlinischen ohnehin keine Rolle, beide Fälle fallen dort zusammen, weshalb man scherzhaft auch vom „Akkudativ“ spricht.**
Viele Verben können zwei Objekte haben. Zum Beispiel das Verb „schreiben“ in dem Satz „Ich schreibe dir einen Brief“. Das erste Objekt ist „dir“, unverkennbar der Dativ von „du“. Warum nicht „dich“? Weil es ums Empfangen geht. Das zweite Objekt ist ein Brief. Der steht hier im Akkusativ: einen Brief. Warum im Akkusativ? Weil er etwas „erleidet“, das heißt: mit ihm passiert etwas, er wird nämlich geschrieben.
Auch Ihr Beispiel mit Katz und Maus lässt sich mit der Unterscheidung zwischen Empfangen und Erleiden erklären: Empfängt die Maus etwas? Dann müsste sie im Dativ stehen („der Maus“). Das ist aber nicht der Fall. Die Maus empfängt nichts, sondern erleidet etwas, denn sie wird gefangen und kann daher nur im Akkusativ stehen. Hätte der Satz zwei Objekte („Die Katze fängt der Maus einen Wurm“), wäre es der Wurm, der etwas zu erleiden hätte (und folglich im Akkusativ steht), während die Maus im Dativ plötzlich zur Beschenkten wird und sich vor Freude kaum retten kann.
Mein Freund Edgar ist Niederländer und spricht hervorragend Deutsch. Der Genitiv bereitet ihm keine Probleme, aber zwischen Dativ und Akkusativ gerät er regelmäßig ins Schleudern. Er sagt „Ich vertraue dich“ oder „Bitte verzeihe mich“, und es ist nicht leicht, ihm verständlich zu machen, dass vertrauen und verzeihen eher mit „empfangen“ (also Dativ) zu tun haben als mit „erleiden“ (Akkusativ). „Vertrauen und Verzeihen kann man jemandem schenken, darum steht es mit Dativ“, versuchte ich zu erklären. Edgar erwiderte: „Jetzt verstehe ich dir.“ Als ich sagte, es müsse „dich“ heißen, widersprach er: „Man kann doch auch Verständnis schenken!“ So viel zur Logik unserer Regeln.
Auch mit den Präpositionen tat er sich zunächst sehr schwer. Weil es im Niederländischen heißt „Ik ga naar bed“, pflegte er anfangs zu sagen: „Ich gehe nach Bett.“ Dass „Ich gehe nach …“ standardsprachlich aber nur vor Städte- und Ländernamen steht und es in allen anderen Fällen „Ich gehe zu …“ heißt, hatte er irgendwann begriffen. Nun sagte er also: „Ich gehe zum Bett.“ – „Damit begnügt sich der Deutsche kaum“, sagte ich. „Wenn er müde ist, geht er nicht bloß zum Bett, sondern auch hinein, schließlich kann er erst schlafen, wenn er drin liegt.“ Eine Weile lang sagte Edgar nun: „Ich gehe im Bett.“ Also versuchte ich ihm den Unterschied zwischen Dativ und Akkusativ zu erklären: „Der Dativ ist korrekt, wenn die Frage wo? lautet. Frage: Wo steckst du? Antwort: Im Bett. Doch wenn es um die Richtung geht, also nicht ums Wo?, sondern ums Wohin?, dann ist der Akkusativ gefragt. Die Antwort auf die Frage ‚Wohin gehst du?‘ kann nur lauten ‚ins Bett’.“ Einmal schickte er mir eine SMS mit der Frage: „Was mache ich wohl gerade?“ – „Keine Ahnung“, antwortete ich. „Ich gehe im Bett!“ – „Du meinst, du gehst ins Bett?“, fragte ich. „Nein, nein“, widersprach er, „ich gehe im Bett! Probiere gerade ein Wasserbett aus und versuche, es zu überqueren, ohne dabei hinzufallen.“ Da wusste ich, er hatte den Unterschied zwischen Dativ und Akkusativ verstanden.
Wenn Sie unsere vier Fälle Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ also mit Sein, Gehören, Empfangen und Erleiden erklären und dazu noch mit „wo“ und „wohin“, dürfte es etwas leichter werden, zu verstehen, wann welcher Kasus der richtige ist.
* Verben mit Genitivobjekt: Wir gedenken dem Genitiv
** Zur Frage „mir oder mich“ im Berlinischen:
Ich hab noch einen Koffer in Berlin zu stehen
Weiteres zum Thema:
Zur Frage „Friert es mir oder mich?“: Der Ganzkörperdativ
Zur Frage „wem oder wen?“ bei Verben der Berührung: Beißt der Hund meinen Nachbarn oder meinem Nachbarn ins Bein?
Danke! Genauso unterrichte ich (praktischerweise Spanier) – mit accusar(e) und dar(e)!
Wunderbar!
„Diesen Automatismus hat Ihnen Ihre Mutter erfolgreich antrainiert.“ Was ist denn das für ein Spracherwerbsverständnis? Sprechen Väter und andere Menschen etwa nicht mit Kindern? Bitte mal beobachten, überlegen, die Forschung der letzten -zig Jahre durchackern und den Begriff „Mutter_Sprache“ überdenken …
Sehr geehrte Frau Özdemir, mit dem Hinweis auf die Mutter nehme ich lediglich Bezug auf das, was die Leserin eingangs geschildert hat: dass ihre Mutter sie früher mit Grammatik getriezt habe.
Was bin ich froh, dass ich Muttersprachlerin bin (und das noch nahezu ohne Dialektfärbung) und die deutsche Sprache nicht als Fremdsprache lernen musste!
»Warum haben Sie nach der Maus nicht mit „wem oder was“ gefragt?«
Weil es schlicht falsch wäre. Nach dem Dativ kann man nämlich nicht mit „was“ fragen, auch nicht bei einem Neutrum: Wem gehört der Teddy? Dem Kind.
Was natürlich geht, ist „wer oder was“ für den Nominativ und „wen oder was“ für den Akkusativ. 🙂
Wieso unterrichtet man Ausländern (Dativ) Deutsch? Man bringt es ihnen vielleicht bei, aber man unterrichtet sie (und nicht ihnen). Oder sehe ich es etwa falsch? Na ja, lebe selbst nur seit 43 Jahren in Deutschland und so habe immer noch reichlich Probleme. Zum Beispiel: Adam liebt Eva. Wer liebt hier wen? Ist es der Adam, der die Eva liebt oder etwa umgekehrt? Im bayrischen Deutsch mit „der Adam“ und „die Eva“ ist es viel eindeutiger!
Die Syntax in deutschen Sätzen ist: S(ubjekt) V(erb) O(bjekt), sofern es kein Nebensatz ist.
Wer das weiß, versteht daß Adam Eva liebt. Ob umgekehrt, geht daraus nicht hervor; ist vielleicht so, wird aber nicht ausgedrückt.
Das stimmt so nicht ganz. Meistens ist das so, und so lernen das kleine Kinder erstmal auch, aber durch die flexible Vorfeldbesetzung kann man im Deutschen auch Objekte nach vorne stellen im Satz, nicht ausschließlich das Subjekt:
Der Hund jagt das Pferd.
Das Pferd jagt der Hund
Den Hund jagt das Pferd.
Das Pferd jagt den Hund.
Schwierig wird es nur ohne Maskulinum, da in den anderen Genus Nominativ und Akkusativ im Singular die gleiche Form haben.
Die Katze jagt die Maus.
Je nach Betonung jagt nicht, wie erwartet, die Katze, sondern die Maus ist der Jäger.
Aber zum Glück hilft uns Häufig die Semantik Sätze zu entschlüsseln, sodass wir aus der Logik den Sinn erschließen können 🙂
… jetzt fehlt nur noch der Dativ auf die Frage „woher?“
Sehr geehrter Herr Sick,
Toller Text! Wie immer amüsant und zugleich informativ!
Hoffentlich hilft mein Beitrag der Dame aus Berlin bei ihrer Arbeit auch ein bisschen, obwohl sie sicherlich Leute aus aller Welt im Kurs hat, während es bei mir immer Personen sind, die Spanisch als Muttersprache haben:
Ich unterrichte in der Dominikanischen Republik in Vorbereitung auf die A1-Prüfung (Start Deutsch 1) und erkläre zu diesem Thema auch, dass sich ein Akkusativ vom Dativ darin unterscheidet, weil es transitive Verben benutzt, denn wenn meine Teilnehmer/innen das Konzept „transitiv“ bzw. „aktiv/passiv“ nach drei bis fünf Beispielen erst einmal verinnerlicht haben, fällt es ihnen zumeist viel einfacher.
(Es gibt bei dieser Erklärung leider trotzdem kleine Fallen, da es auch vorkommt, dass sich deutsche und spanische Verben dabei unterscheiden…
„Ich frage sie“ ist Akkusativ im Deutschen, aber
„Yo le pregunto“ ist Dativ im Spanischen.
Akkusativ ist in der dritten Person Singular „lo“, wie z.B. „Yo lo hago“ = „Ich mache es“.
Trotzdem ist es meistens hilfreich.)
Ein Beispiel dazu: das Verb lieben.
„Ich liebe dich“ = aktiv.
„Du wirst von mir geliebt“ = passiv.
Da ich das Verb sowohl aktiv wie auch passiv anwenden kann, handelt es sich beim Verb „lieben“ um ein Akkusativ.
„Ich schreibe dir“ = aktiv.
„Du wirst von mir geschrieben“ (??). Die Umsetzung in die Passivform funktioniert hier nicht, also handelt es sich um ein Dativ (es sei denn, der Sprecher ist ein Tätowierer mit unzureichenden Deutschkenntnissen!).
Meine Teilnehmer schmunzeln und haben auch meistens das „Aha!“-Erlebnis, wenn ich zum Thema Beugung erkläre, dass es zwei verschiedene paar Schuhe sind, einen Koch vor sich zu haben, der sagt: „Ich koche dir“ oder aber einen Kannibalen, der sagt: „Ich koche dich!“…
Mit freundlichen Grüßen,
Marc Christian
Ich stelle mir die Frage „Wer oder was fängt die Katze?“ und finde die Antwort: die nominative Maus! Wenn man natürlich von seiner Mutter ganz speziesistisch antrainiert bekam, dass immer Mäuse von Katzen gefangen werden und nicht umgekehrt …
Nein, die Maus steht hier nicht im Nominativ, sondern im Akkusativ. Dieser ist im weiblichen Singular gleich – aber grammatisch durchaus unterschiedlich.
Geht das nicht auch einfacher?
Z.B: „Die Katze fängt.“ Das ist zwar ein vollständiger Satz, aber man möchte es doch wohl etwas genauer wissen. Und schon stellen sich die Fragen ein – wie von selbst: WEM? oder WEN?/WAS? Liegt das Problem nicht eigentlich nur bei der korrekten Bildung des jeweiligen Falles, bei der ja auch noch zusätzlich das Geschlecht der Satzergänzung berücksichtigt werden muss?
W. Jung
Danke! Jetzt kapiere ich auch, warum es „mit dir“ oder „ohne dich“ heißt und nicht – wie ich das in Österreich gelernt habe: „ohne dir“. Scheinbar ist doch zwischen „mit“ und „ohne“ kein großer grammatikalischer Unterschied. Aber jetzt aber wird ein Schuh draus – sofern man an einen lieben Menschen denkt: „ohne“ ihn zu sein, bedeutet „leiden“, also verlangt es den Akkusativ. Wenn ich den Menschen aber nicht mag: müsste ich dann nicht konsequenterweise einem „mit“ ebenfalls den Akkustativ folgen lassen, um mein Leid auch grammatikalisch zum Ausdruck bringen zu können?
War nicht wirklich ernst gemeint, es zeigt nur, dass unsere Sprache sich partout nicht der Logik beugen will.
Also ich gehe auch „ins Bett“. Spontan hätte ich aber gesagt, dass der Hochdeutsche „zu Bett“ geht.
Hallo, Herr Sick,
das Problem des Wo/Wohin haben die heutigen romanischen Sprachen, denn den lateinischen Richtungs-Akkusativ haben sie untergehen lassen. Beispiel: Unser jüngster Sohn Peter spielte gern mit einem gleichaltrigen Nachbarsbub, Pascal; er hatte eine elsässische Mutter, die nur Französisch mit ihm sprach, der Vater war Prof. an der hiesigen Uni und Deutscher. Pascal konnte also nur Deutsch mit franz. Lautierung; wenn Peter von Pascal weglief, rief Pascal ihm hinterher: Peter wo gehst du?
Gefunden in FAZ.net (Frankfurter Allgemeine) 22.6.201:
Autos liefern sich Rennen: Zwei Verletzte bei Unfall
Illegale Autorennen fuehren immer wieder zu Unfaellen und machen Unbeteiligte zu OPERN.
Was mir bei der Erklärung des Dativs als „Gebe-Fall“ (von lat. dare = geben) immer zu kurz kommt, ist die erstaunliche Tatsache, dass er auch ein „Nehme-Fall“ ist; dann ist man aber schon nahe am „Erleiden“, (ge)braucht aber trotzdem den Dativ. Eine kleine Sammlung der betreffenden Verben:
nehmen
entziehen
entwenden
entwinden
entreißen
stehlen
klauen
vorenthalten
versperren
verweigern
abnehmen
beschneiden (z.B. das Recht)
verwehren
drohen (!)
Hier kommt es darauf an, welches Objekt man anspricht. Ich frage: Wen oder was nehme ich? Also den Akkusativ. Natürlich kann ich auch fragen: Wem nehme ich (wen oder) was weg? Dann ist es zum einen ein zusammengesetztes Verb, nämlich wegnehmen, und zum anderen gibt es hier beide Objekte.
Von den von Ihnen aufgezählten Verben sind tatsächlich „verwehren“ und „drohen“ die einzigen, die den Dativ nach sich ziehen. Bei „Beschneiden (z. B. das Recht)“ haben Sie es ja schon selbst vorweggenommen, denn der Dativ von „das Recht“ heißt „dem Recht“.
Hallo,
jetzt würde es mich sehr interessieren, wie man die diversen Fälle beschreiben kann, wenn man Probleme beim Erlernen der finnischen Sprache hat?
Zitat: „Edgar erwiderte: ‚Jetzt verstehe ich dir.‘ Als ich sagte, es müsse ‚dich‘ heißen, widersprach er: ‚Man kann doch auch Verständnis schenken!‘ So viel zur Logik unserer Regeln.“
Daran finde ich gut, dass Sie die Größe haben, selbst darauf hinzuweisen, dass die von Ihnen hier vorgestellten Regeln nicht widerspruchsfrei sind, obwohl sie in der Mehrzahl der „Fälle“ sehr hilfreich sein können.
Lieber Bastian Sick: „Der Genitiv geht auf das lateinische Wort „gens” zurück”
Sie meinten hier bestimmt „genus“…! 🙂
Das „Erleiden“ für den Akkusativ ist dennoch unvollständig, um diesen zu repräsentieren oder plausibel vom Dativ zu unterscheiden..
Denn wie ist es mit so gar nicht „erleidenden“ Verben, die den Akkusativ nach sich ziehen, z.B.:
• malen, zeichnen etc
• lieben
• sehen
• genießen
• schmecken
Und wie erklärt man den Unterschied zwischen dem Dativ mit „zu“ und dem Akkusativ mit „in“, Beispiel „gehen“:
Ich gehe zum Haus, ich gehe ins Haus.
Gebe oder schenke ich dem Haus etwas, wenn ich nur in dessen unmittelbare Nähe gehe, und erleidet es etwas, wenn ich dort hineingehe? Wie kann man diese Unterscheidung im Kasus plausibel erklären? Oder muß man es einfach auswendiglernen?
LG, Elke
Hallo Elke,
ich bin zwar nicht Bastian Sick, möchte Dir aber trotzdem eine Antwort auf Deine Frage schreiben.
Das ursprüngliche Thema dieses Beitrags war, welcher Fall nach einem Verb (Tätigkeitswort) zu stehen hat. Deine Frage bezieht sich jedoch auf das Problem, welcher Fall nach einer Präposition (Verhältniswort) stehen muss. Dies ist von der ursprünglichen Bedeutung der Fälle weitgehend unabhängig (zumindest im Fall der Präpositionen, nach denen der Dativ oder der Akkusativ steht) und damit einfach (?) auswendig zu lernen.
Es gibt Präpositionen, nach denen der Genitiv steht, z. B. „während“, „jenseits“.
Es gibt Präpositionen, nach denen der Dativ steht, z. B. „mit“, „zu“, „nach“, „von“.
Es gibt Präpositionen, nach denen der Akkusativ steht, z. B. „durch“, „ohne“.
Die weiter oben stehende Argumentation zu „mit“, „ohne“ ist daher nicht sehr tragfähig.
Zu allem Überfluss gibt es Präpositionen, nach denen sowohl der Dativ als auch der Akkusativ stehen kann, nämlich (mindestens) diese neun: In, an, auf, vor, hinter, über, unter, neben, zwischen. Bezieht sich eine dieser neun Präpositionen auf ein Ziel (Frage: wohin?), dann steht nach ihr der Akkusativ. Bezieht sich hingegen eine dieser neun Präpositionen auf eine Position (Frage: wo?), dann steht nach ihr der Dativ.
Unentschieden ist derzeit, ob nach „wegen“ und „trotz“ der Genitiv oder der Dativ steht. Während in der gesprochenen Sprache der Dativ beliebter ist, meinen viele, dass trotzdem (!) der Genitiv richtiger (?) sei.
Liebe Elke, auch „malen“, „sehen“, „schmecken“ und „lieben“ sind Verben des Erleidens. Man darf „erleiden“ nicht zu eng als „Schmerzen empfinden“ definieren. Die Grammatik versteht mehr darunter, nämlich alles, was mit jemandem (oder mit einem Ding) passieren kann. „Erleiden“ bedeutet, dass etwas mit einem geschieht. Das kann auch etwas Wunderbares sein wie „loben“, „beschenken“, „verwöhnen“, „verehren“, „lieben“ und „anbeten“.
„Gib mich mal die Butter “ ist nicht typisch für Sachsen-Anhalt, sondwern hat seine Wurzeln im Westfälischen.
Geh mich von die Straße zu ölen; übersetzt: bleib auf dem Bürgersteig.
Irgendwie kam mir jetzt Milan Kundera in den Sinn: „Die unerträgliche Leichtigkeit des Nominativs“ 🙂