Donnerstag, 18. April 2024

Was rutscht da an oder zu S/y/i/lvester?

Lieber Zwiebelfisch, wie heißt es denn nun richtig: Silvester oder Sylvester? Bekommt man Geschenke an Weihnachten oder zu Weihnachten? Und was bedeutet der Spruch mit dem Rutsch? Leser stellen Fragen rund um den Jahreswechsel, der Zwiebelfisch gibt Auskunft.


Guter Rutsch!

Warum wünscht man sich zum Jahreswechsel eigentlich immer einen „guten Rutsch“? Woher stammt die Vorstellung, man würde ins neue Jahr rutschen?

Martin Winter, Nürnberg

Lieber Herr Winter, der traditionelle Silvester-Gruß „Guten Rutsch!“ hat überhaupt nichts mit rutschen zu tun. Der viel beschworene „Rutsch“ leitet sich vom hebräischen Wort für Neujahr ab: Rosch ha-Schana („Anfang des Jahres“). Es handelt sich um eines der vielen Wörter, die aus dem Jiddischen ins Deutsche eingeflossen sind, so wie auch „Chuzpe“, „malochen“, „Massel“, „meschugge“, „schmusen“, „Stuss“, „Tacheles“ und „Zoff“. Guter Rutsch heißt also wörtlich: guter Anfang!


 

Silvester oder Sylvester?

Berliner vom Fließband: Silvester-Häppchen

Sag mal, Zwiebelfisch, wie heißt es denn nun richtig: Silvester oder Sylvester? Ich war immer der Ansicht, Ersteres wäre die richtige Variante, aber da ich jetzt immer wieder in irgendwelchen TV-Shows „Sylvester“ lese und mein „Word“ mit „Silvester“ gar nix anfangen kann, dachte ich mir, ich frag einfach mal dich, bevor ich in all meine Neujahrswünsche einen Rechtschreibfehler einbaue!
Anke Müller

Liebe Anke, den männlichen Vornamen gibt es in beiden Formen, für den letzten Tag im Jahr gibt es jedoch nur die Form mit „i“. Der Name geht zurück auf Papst Silvester I., der am 31. Dezember des Jahres 335 starb. Weil man ihm wundersame Heilkräfte nachsagte und lange Zeit glaubte, er habe den römischen Kaiser Konstantin getauft (was sich jedoch als falsch erwies), wurde er heilig gesprochen, seitdem ist der 31. Dezember sein Namenstag. Erst die Kalenderreform unter Papst Gregor XIII. im Jahre 1582 führte dazu, dass sich in der christlichen Welt der 1. Januar als Neujahrstag durchsetzte und Silvester somit zum letzten Tag des Jahres wurde. Bis dahin galt in weiten Teilen Deutschlands der 25. Dezember als Beginn des neuen Jahres. Silvester leitet sich übrigens vom lateinischen Wort silvam ab und bedeutet so viel wie Waldbewohner. Die Römer schrieben den Namen mit „i“, in späterer Zeit schlich sich aus typografischen Gründen oft ein „y“ ein. Viele Schreiber und Kopisten bevorzugten das griechische „y“ gegenüber dem lateinischen „i“, weil es deutlicher und besser lesbar war. Phonetisch bedeutet es keinen Unterschied: „Sylvester“ wird genauso ausgesprochen wie „Silvester“, nicht etwa mit einem „ü“.

Zeichentrick-Piepmatz Tweety (r.): Sylvester-HäppchenDass viele die Schreibweise mit „y“ verwenden, mag – wie so oft – an den amerikanischen Vorbildern liegen: Hollywoodstar Sylvester Stallone ist heute wohl mehr Menschen ein Begriff als jener Papst, der vor 1668 Jahren starb. Ebenfalls bekannter dürfte Kater Sylvester sein, jene „böse Miezekatze“, der es bis heute leider nicht gelungen ist, dem nervtötenden Kanarienvogel Tweety den Kopf abzubeißen.

Meine „Word“-Version macht bei Silvester übrigens keine Probleme. Klicken Sie bei der Rechtschreibprüfung einfach auf das Feld „Zum Wörterbuch hinzufügen“, dann merkt sich das Programm, was es noch nicht kennt.


 

An oder zu Weihnachten?

Hallo, lieber Zwiebelfisch, seit meiner Kindheit bekomme ich „zu Ostern“ die bunten Eier und „zu Weihnachten“ die Pfefferkuchen. Und „zu Pfingsten, zu Pfingsten, sind die Geschenke am geringsten.“ Sicher durch den Einfluss einiger „starker“ deutscher Dialekte heißt es zunehmend „an Ostern“, „an Pfingsten“ und „an Weihnachten“. Sogar die im Hochdeutschen gut geschulten Nachrichtensprecher sagen das mitunter. Kann man von einer „richtigen“ Form sprechen? Wenn ja, welche ist die richtige?

Michael Seifert, Dresden

Lieber Herr Seifert, der Duden stellt fest, dass der Gebrauch der Präposition „an“ in Verbindung mit Festtagen regional begrenzt ist. „An Weihnachten“ sagt man vor allem in Süddeutschland, während in Norddeutschland „zu Weihnachten“ gebräuchlich ist. Wie so oft gibt es in dieser Frage kein „richtig“ oder „falsch“, sondern bloß ein „hier“ und „dort“.
In einigen Gegenden soll sogar die Präposition „auf“ verwendet werden: da trifft man sich auf Ostern und sieht sich auf Pfingsten wieder. Dies, so schreibt der Duden, sei aber nicht standardsprachlich.


Viel Glück in 2004!

Lieber Zwiebelfisch, mittlerweile wird nicht mehr „Viel Glück im Jahr 2004“ oder „Viel Glück 2004“, sondern „Viel Glück in 2004“ gewünscht. Das Projekt wird „in 2003“ abgeschlossen, und der Umsatz soll „in 2004“ erhöht werden. In der Schule habe ich noch gelernt, dass es im Englischen zwar „in 2003“ heißt, im Deutschen aber schlicht „2003“ oder „im Jahr(e) 2003“. Das scheint niemanden mehr zu kümmern, denn mittlerweile „macht“ ja einiges „Sinn“, wofür es normalerweise Grammatikfehler und Abzüge für schlechten Stil geben würde. Ich finde es erschreckend, dass so wenig Wert darauf gelegt wird, die Sprache zu pflegen. Vielleicht ist es auch nur „natürlich“, dass unsere Sprache sich verändert, Sprache ist ja immer etwas Dynamisches, wir sprechen ja auch nicht mehr wie unsere Großeltern. Die Geschwindigkeit, wie diese Veränderungen stattfinden, überrascht mich allerdings schon.

Claudia Heilmann

Silvesterfeuerwerk über Frankfurt am Main: Viel Glück 2004!

Liebe Frau Heilmann, Sie haben völlig Recht, was die Verwendung der Präposition „in“ vor Jahreszahlen betrifft: Es handelt sich nicht um Standarddeutsch. Weder wurde die Bundesrepublik Deutschland „in“ 1949 gegründet, noch wurde Gerhard Schröder „in“ 1998 erstmals zum Bundeskanzler gewählt. Angesichts der beherzten Erneuerungen der Sprache einerseits und der zaghaften Reformen in der Politik andererseits ist es aber durchaus möglich, dass er in 2006 abgewählt wird.

Die „In“-flation verdanken wir vor allem dem Wirtschaftsjargon, der sich stärker als jeder andere Bereich am Englischen orientiert. Umsätze, Erlöse, Börsengänge und Fusionen werden im Deutschen zunehmend „in“ zweitausend-x gemacht. Kurios ist, dass die korrekte deutsche Form hier einmal knapper als die englische ist. Die in anderen Fällen oft gehörte Begründung, die deutsche Entsprechung sei zu umständlich, kann hier nun wirklich nicht gelten.

Oft aber wird die Präposition wohl auch aus Angst vor Missverständnissen verwendet. Eine Aussage wie „Der Senator kündigte an, 2005 neue Dienstwagen zu bestellen“ könnte als leicht überzogene Massenbestellung aufgefasst werden und den Senator in Verlegenheit bringen. Daher glaubt mancher, er gehe auf Nummer sicher, wenn er der Jahreszahl ein „in“ voranstellt. Bislang gilt aber noch die Empfehlung, in solchen Fällen „im Jahre“ zu schreiben: „Der Senator kündigte an, im Jahre 2005 neue Dienstwagen zu bestellen.“

 

 

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