Ein Student aus Karlsruhe möchte wissen, wie man mehrteilige Zusammensetzungen schreibt, die englische Begriffe enthalten. So wie „Virtual Reality System“ oder „Social Media Kanäle“. Schreibt man sie wie im Englischen: aus ein ander? Oder mit Bindestrichen? Und wenn ja, mit wie vielen? Es ist eine Frage, die viele Deutsche beschäftigt. Dabei hat sich die Regel hierzu nie geändert. Nur gerät sie offenbar zunehmend in Vergessenheit.
Frage eines Lesers aus Karlsruhe:
Für Ihre Antwort im Voraus meinen Dank!
Antwort des Zwiebelfischs:
Lieber Leser, wenn Sie ein englisches Auto in Deutschland fahren, dann gelten die deutschen Verkehrsregeln, nicht die englischen. Ob Mini, Bentley oder Aston Martin: In Deutschland müssen Sie damit rechts fahren. Und was für importierte Autos gilt, gilt auch für die importierten Wörter: Wenn Sie in einem deutschen Text englische Begriffe verwenden, sind diese den deutschen Regeln unterworfen, nicht den englischen.
Hauptwörter müssen daher grundsätzlich großgeschrieben werden. Und zusammengesetzte Begriffe müssen zusammengeschrieben werden – entweder in einem Wort oder mit sinnstiftenden Bindestrichen. Die Schreibweise mit nur einem Bindestrich (Virtual Reality-System) wäre nur innerhalb von Anführungszeichen erlaubt, wenn Sie also schrieben:
Dies kann mithilfe eines „Virtual Reality“-Systems visualisiert werden.
Wenn Sie ohne Anführungszeichen auskommen wollen, dann müssen Sie das ganze Gebilde durchkoppeln:
Dies kann mithilfe eines Virtual-Reality-Systems visualisiert werden.
Dies gilt genauso für Zusammensetzungen wie Social-Media-Kanäle, Low-Budget-Film, All-Inclusive-Angebot und Big-Bang-Theorie (englische Schreibweise: Big Bang Theory). Und es gilt auch, wenn die Zusammensetzungen nicht nur aus zwei oder drei, sondern aus vier, fünf oder mehr Wörtern bestehen, wie Bad-&-Breakfast-Vermittlung, Rock-’n’-Roll-Ära, Take-it-easy-Attitüde.
Es gibt eine einfache Regel, die schon lange und immer noch gilt, auch wenn sie unter dem Eindruck des übermächtigen Englischen langsam in Vergessenheit zu geraten scheint: Es gibt im Deutschen keine Zusammensetzung, deren Bestandteile unverbunden nebeneinanderstehen können. Die englischen Begriffe „car wash“, „service center“ und „ticket sale“ werden bei der Übernahme ins Deutsche erstens großgeschrieben und zweiten zusammengeschrieben:
„Meine Freundin arbeitet im Servicecenter beim Carwash, wo sie für das Ticketsale zuständig ist.“
Es ist das Recht jeder Sprache, die Importwörter ihren eigenen Regeln anzupassen. Der Plural der Wörter Lady, Baby, Hobby und Story lautet im Deutschen daher „Ladys“, „Babys“, „Hobbys“ und „Storys“ – und nicht etwa „ladies“, „babies“, „hobbies“ und „stories“ wie im Englischen.
Die Angelsachsen machen es übrigens genauso: Wenn die ein Wort aus Germany importieren, wird es nach ihren Regeln ausgesprochen und gebeugt. So lautet der Plural von „wurst“ im Englischen nicht etwa „würste“, sondern „wursts“, und der Plural von Rucksack ist „rucksacks“. In Oxford oder Cambridge käme kein Student auf die Idee, in seiner Masterarbeit „rucksäcke“ zu schreiben, nur weil es im Deutschen so gemacht wird.
Ich hoffe, ich konnte Sie überzeugen. Gutes Gelingen für Ihre Masterarbeit. Möge die Macht der Sprache immer mit Ihnen sein!
Weiteres zum Thema:
Zwiebelfisch: Die traurige Geschichte von drei englischen Ladys
Ich hoffe doch, hier ist Bed & Breakfast gemeint. Ansonsten klingt die Übernachtung nicht gerade vielversprechend… 😉
Da haben Sie mich tatsächlich erwischt, liebe Natalie. Offenbar habe ich in meiner Jugend zu viele „Badman“-Filme gesehen 😉
Hallo Herr Sick,
dass viele Deutsche das Frühstück in England „bad“ finden, kann ich nachvollziehen, obwohl man sich gerade beim Frühstück durchaus an den fetten Speck und den Haferbrei gewöhnen könnte und es dann vielleicht sogar ganz schmackhaft findet. Die Wurzel Ihres Tippfehlers „Bad-&-Breakfast“ ist der gängige Aussprachefehler, der zwischen dem englischen „a“ (wie in „bad“ und „salary“) und dem englischen „e“ (wie in „bed“ und „celery“) nicht unterscheidet.
Üblicherweise wird ein englisches Bett (bed) und ein englische Frühstück (breakfast) angeboten, also das, was in Deutschland auch ÜF heißt, kein schlechtes Frühstück (da gibt es den Kalauer „break fast“ = „breche schnell“) und schon gar kein deutsches Bad (Wanne oder Dusche) mit englischem Frühstück.
„Bad-&-Breakfast“ ist herrlich – gilt die Regel auch, wenn nur eine Dusche vorhanden ist? 😉
Liebes Redaktionsteam, lieber Herr Sick,
1. „Bad-&-Breakfast-Vermittlung“ – toll! Oder war das „Bad“ ernstgemeint, so dass sich der Begriff nur auf ausgesprochen schlechte Unterkünfte bezieht?
2. Wenn Sie schreiben: „Wollte man jedes Mal die Schreibweise und die grammatischen Regeln derjenigen Sprache berücksichtigen, aus der ein Fremdwort importiert wurde, wie sollte man dann mit Wörtern aus dem Russischen oder Chinesischen verfahren?“, warum sprechen wir nicht auch von Atlassen, Lexikons und Kasussen? Schließlich ist den meisten Deutschen die englische und französische Grammatik vertrauter als die lateinische und griechische.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Christ