Freitag, 4. Oktober 2024

Hello, Dolly!

Hallo du! Hallo, du? Ein Leser wollte nicht einfach nur Hallo sagen, sondern auch gleich noch wissen, ob nach der Anrede „Hallo“ ein Komma kommt – und ob es dazu eine Regel gibt. Die Antwort lautet: Natürlich gibt es dazu eine Regel! Hallo, Regel! Und zu der Regel wiederum gibt es eine Gegenregel: Hallo Gegenregel!

Frage eines Lesers aus Berlin: Hallo Zwiebelfisch! Oder sollte ich besser schreiben: „Hallo, Zwiebelfisch“? Meine Frage lautet: Kommt nach der Anrede „Hallo“ ein Komma? Manche setzen es, viele aber nicht. Gibt es dazu eine Regel?

Antwort des Zwiebelfischs: Hallo, verehrter Leser! Kommaregeln rangieren in der Beliebtheit der Deutschen nicht sehr weit vorn, vermutlich noch hinter Schlaglöchern und Steuererklärungen. Umso mehr freut es mich, hierzu von Ihnen Post zu erhalten. Und selbstverständlich gibt es zu Ihrer Frage eine Regel! Schließlich gibt es für alles eine Regel. Ob man sich dran hält, ist etwas anderes. Die Kommaregel für die Anrede lautet folgendermaßen:

Zwischen Grußformel (z. B. „Hallo“, „Guten Tag“) und Anredenominativ (z. B. „Peter“, „Kollege“, „sehr geehrte Damen und Herren“) steht ein Komma, da beide Teile „satzwertig“ sind, d. h., jeder der beiden Teile wiegt so viel wie ein eigener Satz.  

Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei der Grußformel um eine höfliche Ansprache („Guten Tag“, „Auf Wiedersehen“, „Herzlich willkommen“) oder um einen einfachen Zuruf („He“, „Hallo“, „Na“) handelt. Korrekt schreibt man:

Guten Tag, Herr Petersen!

Willkommen, Frau Stubenpuck-Fliege!

Hallo, Nachbar!

Grüßt euch, alle miteinander!

Na, du!

He, Kleine!

Adieu, Chérie!

Servus, Michel!

Moin, ihr Sprotten!

Winter, ade!

Dies betrifft übrigens auch Ausrufe wie „Ach“, „Oh“, „Mensch“ und „Mann“ und darüber hinaus auch andere Formen der Ansprache wie „Bitte“, „Danke“, „Gesundheit“ und „Entschuldigung“:

Der Nächste, bitte!

Danke, Susanne!

Glückwunsch, Max!

Ach, Papa!

Oh, Leander!

Mann, Sandra!

Mensch, ärgere dich nicht!

Das ist übrigens nicht nur eine deutsche Gepflogenheit. Auch im Englischen wird zwischen Grußformel und Namen ein Komma gesetzt. Eines der berühmtesten Beispiele ist das Broadway-Musical „Hello, Dolly“ aus dem Jahre 1964.

Doch seit Dollys Zeiten hat sich manches geändert. Heute räumt der Duden ein, dass in Briefen und E-Mails auf das Komma in der Anrede verzichtet werden könne, insbesondere wenn diese nur aus zwei Wörtern besteht. Die folgenden Schreibweisen sind demnach zulässig:

Hallo Kollege!

Hi Leonie!

Hey Tim!

Na du!

Servus Peter!

Huhu Mausi!

Ciao Bella!

Tschüs Dicker!

Und was für Briefe und E-Mails gilt, das gilt natürlich auch für Internet-Foren und Chats. Und erst recht für Textnachrichten (SMS), bei denen Ökonomie schon immer eine größere Rolle spielte als Orthografie. Der Verzicht aufs Komma lässt sich sogar plausibel begründen.

Das Komma wurde ja ursprünglich nicht erfunden, um die Menschen zu  verunsichern, um Sätze zu entstellen oder um Kosten zu verursachen. Sondern – im Gegenteil – um Klarheit zu schaffen. Wenn aber auch ohne Komma alles klar ist, dann ist das Komma nicht zwingend erforderlich.

Bei „Hallo Kollege!“ ist unmissverständlich, dass jemand seinen Kollegen begrüßt. Ein Komma würde am Sinn nichts ändern. Daher kann man in diesem Falle darauf verzichten.

Ob man „Grüß dich, Opa!“ mit oder ohne Komma schreibt, spielt keine Rolle. In jedem Fall fühlt sich der Opa angesprochen. Etwas anderes ist es bei „Grüß dich Gott“: Wer hier ein Komma setzt („Grüß dich, Gott!“), der hat offenbar eine göttliche Erscheinung. Oder er ist die Biene Maja und trifft sich gerade mit dem Sänger Karel.

Innerhalb der Anrede kann also ein Komma stehen oder auch nicht. Die Entscheidung bleibt dem Schreibenden überlassen. Außerhalb der Anrede sind die Regeln weniger elastisch: Steht die Anrede vor oder hinter oder mitten in einem Satz, so wird sie immer durch Komma abgetrennt:

Hallo, wie geht’s? (Auch: Hallo! Wie geht’s?)

Ich möchte dir, liebe Moni, von ganzem Herzen danken.

Wie geht’s, Alex?

Ein leichtfertiger Verzicht aufs Komma kann hier schwerwiegende Folgen fürs Verständnis haben. Im letzten Beispiel („Wie geht’s, Alex?“) ändert sich durch Weglassen des Kommas („Wie geht’s Alex?“) nicht nur die Zeichenzahl, sondern auch die Perspektive. Vor allem für Alex. Ist Alex mit Komma noch selbst der Angesprochene, steigt er ohne Komma zum Gegenstand der Unterhaltung ab.

Kommaregeln sind nicht sehr beliebt und werden daher oft unterschätzt. Manchmal aber kann ein Komma sogar über Leben und Tod entscheiden. Der Buchtitel „Jetzt koch ich, Mama!“ ist ohne Komma jedenfalls nicht zur Nachahmung zu empfehlen.

(c) Bastian Sick 2012

Diese Kolumne ist auch in Bastian Sicks Buch „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod, Folge 5“ erschienen.

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